Die andere Pandemie: In Großbritannien gehen die Hundediebe um

Hund
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Als Sarah Ende Dezember sechs Hunde gestohlen wurden, war die 35-jährige Waliserin fassungslos. „Ich war schockiert, wütend, verängstigt, natürlich auch sehr in Sorge um die Hunde.“ Ihr Mann war es, der in der Nacht die aufgebrochene Tür zum Anbau entdeckte, wo die Hunde schliefen – das Ehepaar ist eines der vielen Opfer von Hundediebstählen, die in Großbritannien während der Corona-Pandemie massiv zugenommen haben.  

„Es ist schwer, mit dem Alltag weiterzumachen, weil man sich schuldig fühlt“, erzählt Sarah nahe der Stadt Port Talbot. Vier Patterdale-Terrier und ein Border-Terrier der FÜR Familie sind noch immer vermisst, ein English-Springer-Spaniel wurde einen Monat nach dem Diebstahl von einem Passanten gefunden.

Die Hündin hatte eine schlimme Wunde, wo die Täter erfolglos versucht hatten, ihren Mikrochip zu entfernen. Ein Tierarzt konnte dank des Chips die Besitzer ermitteln. „Wenn ich die Verletzungen sehe, mache ich mir noch mehr Sorgen um die Hunde“, klagt Sarah, die ihren Nachnamen nicht nennen will.

Nach Angaben der Organisation DogLost ist die Zahl der Hundediebstähle in Großbritannien seit März 2020 um geschätzt 250 Prozent angestiegen: „Es ist eine Pandemie, die ebenso boomt wie das Coronavirus“, betont Wayne May von DogLost, wo mithilfe von Online-Datenbanken vermisste Hunde wieder mit ihren Besitzern vereint werden. „Ich mache dies jetzt seit 30 Jahren, und 2020 war das schlimmste Jahr bisher.“

Die Briten sind schon lange als Hundeliebhaber bekannt, doch seit Beginn der Pandemie wollen viele Menschen mit der Hilfe vierbeiniger Begleiter Einsamkeit und Ängste überwinden – Großbritannien ist mit 110.000 Toten in Europa am schlimmsten von der Corona-Pandemie betroffen. Die Preise, vor allem für Welpen, schossen in die Höhe, was das Interesse von zwielichtigen Züchtern und Kriminellen weckte.

Auf Pets4Homes, einem Online-Marktplatz für den Verkauf und die Adoption von Hunden, lag bei rund 150.000 Angeboten zwischen März und September der Durchschnittspreis für einen Hund bei 1883 Pfund (2149 Euro). Während des Vorjahreszeitraums lag dieser mit 888 Pfund bei weniger als der Hälfte. Für Welpen einiger begehrter Rassen wie Spaniels, Bulldoggen, Möpse und Pudel-Mischlinge werden teilweise mehr als 4000 Pfund aufgerufen.

Gleichzeitig wurde auf der Website der Tierschutzorganisation RSPCA die Rubrik „Haustiere“ 40 Millionen Mal angeklickt – ein Anstieg um 13 Millionen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. „Da es vor allem für Welpen eine so riesige Nachfrage gibt, versuchen die Leute, diese Nachfrage illegal und unerlaubt zu bedienen“, sagt Sam Gaines von RSPCA. Dies habe zu einer Zunahme von importierten Welpen geführt: „Wir machen uns große Sorgen wegen der Art und Weise, wie Welpen außerhalb des Vereinigten Königreichs gezüchtet und aufgezogen werden, und wegen der wirklich langen Reisen, die sie erdulden müssen.“

Auch kriminelle Banden zeigen nun wachsendes Interesse: „Vor der Pandemie waren es Gelegenheitsdiebstähle“, erzählt May von DogLost. „Das hat sich letztes Jahr alles verändert. Wir haben jetzt organisierte Banden, die Hunde klauen, um mit ihnen zu züchten oder eine Belohnung oder ein Lösegeld zu kassieren.“

May zufolge helfen nur härtere Strafen: „Inzwischen ist es im Vereinigten Königreich lukrativer, ein Hundedieb zu sein als ein Drogendealer, weil die Strafen nicht zum Verbrechen passen.“ Für den Diebstahl eines Hundes werde nämlich lediglich eine Geldbuße von 200 bis 250 Pfund verhängt: „Für eine solch läppische Summe sind die kriminellen Banden bereit, dieses Risiko einzugehen.“

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