Angesichts des offenen Aufstands von Kölner Katholiken gegen Kardinal Rainer Maria Woelki hat sich der Stadtdechant Robert Kleine als erster führender Geistlicher von dem Erzbischof distanziert. Die Gläubigen würden „mürbe gemacht“ und ein Stück weit in Mithaftung für das Verhalten der Bistumsleitung im Zusammenhang mit dem Missbrauchsskandal genommen, sagte Kleine dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vom Montag. Einen Kirchenaustritt könne er derzeit niemandem verdenken.
Gleichzeitig sprach sich Kleine für personelle Konsequenzen aus dem Missbrauchsgutachten aus. „In vielen anderen Bereichen übernehmen Führungskräfte sogar politische Verantwortung für Fehler, die sich persönlich nicht einmal zurechnen lassen müssen“, sagte er der Zeitung. Im Erzbistum Köln seien Verantwortliche auch persönlich involviert gewesen und müssten daher erst recht dafür einstehen.
Woelki steht seit Monaten massiv im Zusammenhang mit einem Missbrauchsskandal in der Kritik, weil er die Veröffentlichung eines Gutachtens zur Aufarbeitung eines Missbrauchsfalls aus den 70er Jahren im Erzbistum unterband. Außerdem gibt es gegen ihn selbst einen Vertuschungsverdacht. Obwohl der Verdacht seit Wochen dem Vatikan vorliegt, äußerte sich Papst Franziskus noch nicht dazu.
Spätestens mit der Veröffentlichung eines von Woelki in Auftrag gegebenen Ersatzgutachtens im März müssten Konsequenzen bekannt gegeben und vollzogen werden, sagte Kleine nun. Wenn es überhaupt noch ein Stück Glaubwürdigkeit gebe, hänge dies „am seidenen Faden“.
Zuvor hatten Pfarrer in einem Brandbrief an Woelki einen „Glaubwürdigkeits- und Vertrauensverlust“ beklagt. Der Diözesanrat setzte die Mitarbeit an einem von Woelki eingeleiteten Zukunftsprozess aus. Das Kölner Amtsgericht verzeichnete eine Welle von Kirchenaustritten.