Intensivmediziner warnen vor übereilter Lockerung von Corona-Schutzmaßnahmen

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Rund eine Woche vor dem nächsten Bund-Länder-Gipfel gewinnt die Debatte um mögliche Lockerungen der Corona-Einschränkungen an Fahrt. Zu den warnenden Stimmen vor einer weiteren Abschwächung der Auflagen gehörten am Dienstag die Intensivmediziner. Das Gastgewerbe forderte hingegen, Bund und Länder müssten ein „realistisches“ Szenario für die Wiederöffnung dieser Branche entwickeln.

Die nächste Konferenz von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Regierungschefs der Bundesländer steht am Mittwoch kommender Woche an. Der seit Mitte Dezember geltende Lockdown ist derzeit bis übernächsten Sonntag befristet. Die Bundesregierung sieht angesichts zuletzt wieder gestiegener Infektionszahlen mögliche weitere Lockerungen derzeit aber skeptisch. Am Dienstag sank der Inzidenzwert der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen leicht, blieb aber knapp über 60.

Eine eindringliche Warnung vor starken Lockerungen bereits im März kam von der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensiv- und Notfallmedizin. Deren Vorsitzender Christian Karagiannidis sagte der „Rheinischen Post“, laut Berechnungen verliefen die Impfungen noch nicht schnell genug, um eine dritte Corona-Welle zu verhindern. Bund und Länder müssten aufpassen, „das Spiel in der Verlängerung nicht zu verlieren“.

Nach Einschätzung des SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach ist die dritte Ausbreitungswelle des Coronavirus sogar bereits unaufhaltsam im Gange. Er forderte daher in der „Passauer Neuen Presse“, weitere Öffnungsschritte zu verschieben.

Zur Vorsicht mahnte auch Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter. Er verwies in Berlin auf die weitere Ausbreitung gefährlicherer Varianten des Coronavirus. Daher drohe die Gefahr, „dass wir trotz der Maßnahmen in eine dritte Welle kommen“, sagte auch er.

Ähnlich äußerte sich Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU). Er sei sehr dafür, „verantwortungsvoll Schritt für Schritt“ zu gehen, sagte der CDU-Politiker. Es müsse vermieden werden, jetzt zu lockern und in vier Wochen wieder einen Schritt zurückzugehen.

Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) forderte gleichwohl von Bund und Ländern die rasche Entwicklung von Öffnungsszenarien. Das Gastgewerbe habe jetzt „einen Anspruch auf eine realistische Öffnungsperspektive in den kommenden Wochen“, sagte Dehoga-Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges der „Rheinischen Post“. 

Konkrete Öffnungsperspektiven forderte auch Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD). Es müsse zumindest verabredet werden: „Wann passiert was“, sagte Müller im ZDF. Sehr viele Menschen würden es akzeptieren, wenn sie „wissen, was in drei oder vier Wochen ermöglicht wird“.

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich unterstützte Forderungen, nicht mehr den Inzidenzwert zur alleinigen Messlatte für Einschränkungen oder Öffnungen zu machen. Diese seien „wichtig als Anhaltspunkt“, sagte Mützenich in Berlin. Es seien aber „weitere Kriterien erforderlich“ wie die Auslastung der Intensivbetten oder die Zahl der vorgenommenen Tests.

Merkel setzt offensichtlich auf einen Stufenplan für den allmählichen Ausstieg aus dem Lockdown. Demnach könnten Lockerungen in verschiedenen Bereichen mit vermehrten Corona-Tests kombiniert werden. In internen CDU-Beratungen soll die Kanzlerin mit Blick auf Lockerungen die persönlichen Kontakte, Schulen sowie Sport, Restaurants und Kultur genannt haben.

Auf ein Vorziehen des Bund-Länder-Spitzengesprächs drängte FDP-Generalsekretär Volker Wissing. „Die gesamte Gesellschaft sehnt sich nach der Rückkehr zu etwas Normalität“, sagte er der „Heilbronner Stimme“. Vor allem Unternehmer fürchteten um ihre Existenz. Auf ein mit dem Parlament abgestimmtes Vorgehen pochte Linken-Fraktionsvize Jan Korte.

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