Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki schließt in der Affäre um ein unter Verschluss gehaltenes Gutachten zu Missbrauchsfällen in seinem Erzbistum einen Rücktritt nicht aus. „Die Übernahme von Verantwortung, die ich von allen anderen verlange, werde ich auch mir abverlangen“, sagte Woelki der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ (Samstagsausgabe) auf die Frage, ob er möglicherweise als Erzbischof zurücktrete, wenn ihm ein neu in Auftrag gegebenes Gutachten pflichtwidriges Verhalten attestiere.
Das neue Gutachten des Juristen Björn Gercke werde „auch meine Rolle in diesem Fall beurteilen“, sagte Woelki in dem Interview. Bei der Untersuchung an sei es ihm von Anfang an darum gegangen, mögliche Fehler und Versäumnisse von Verantwortlichen deutlich zu benennen. „Dazu gehört auch das Nennen der Namen von Verantwortlichen. Denn Verantwortung ist persönlich“, sagte Woelki.
Im Zusammenhang mit der Aufarbeitung der Missbrauchsvorwürfe gegen katholische Priester räumte der Kardinal erneut eigenes Fehlverhalten ein: „Auf dem Weg habe auch ich Fehler gemacht, und die sind in der Tat schmerzlich. Ich hoffe sehr, dass der Vertrauensverlust wiedergutzumachen ist.“ Vielleicht sei die Veröffentlichung der Untersuchungsergebnisse ein erster Schritt.
Ursprünglich hatte das Erzbistum die Münchner Kanzlei Westphal Spilker Wastl mit einem Gutachten zur Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch beauftragt. Später entschied sich Woelki jedoch gegen eine Veröffentlichung des fertigen Gutachtens.
Im Gespräch mit der „Rheinischen Post“ verteidigte Woelki diesen Schritt erneut. Er halte das Gutachten zurück, “weil wir nicht sehenden Auges geltendes Recht brechen können“, sagte der Kardinal. Wegen möglicher Verstöße gegen das Persönlichkeits- und das Äußerungsrecht bestehe die Gefahr, dass das Gutachten „gar nicht das Licht der Welt erblickt und vorher weggeklagt wird“, sagte Woelki.
Woelki steht selbst unter Verdacht, Missbrauchsvorwürfe gegen einen mittlerweile verstorbenen Priester vertuscht zu haben. Er weist diesen Vorwurf zurück.