Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die Bürgerinnen und Bürger um Verständnis für die abermalige Verlängerung des Corona-Lockdown gebeten. Nach der Trendumkehr bei den Infektionszahlen dürften die Erfolge nun nicht durch Lockerungen verspielt werden, die den aggressiven neuen Virusvarianten die Ausbreitung erleichtern würden, sagte Merkel am Donnerstag im Bundestag. Die Opposition, aber auch Wirtschaft und Verbände kritisierten die Lockdown-Verlängerung.
„All die Anstrengungen und Entbehrungen jetzt nochmal bis zum 7. März durchzuhalten, das ist aus meiner Sicht die Anstrengung wert“, sagte die Kanzlerin. „Wir sind nicht sehr weit von Zahlen entfernt, die uns Schritt für Schritt wieder Öffnungen und Freiheiten erlauben können.“ Konkrete Daten für die nächsten Öffnungsschritte könnten allerdings noch nicht genannt werden, denn: „Das Virus richtet sich nicht nach Daten“, sagte Merkel.
Die nächsten Öffnungsschritte müssten an das Unterschreiten bestimmter Inzidenzwerte gebunden werden. „Ich glaube nicht, dass das Hin-und-Her, einmal öffnen, einmal wieder schließen, für die Menschen mehr Berechenbarkeit bringt als ein paar Tage länger zu warten“, sagte sie. Die Beschränkungen würden aber „keinen Tag länger aufrecht erhalten als nötig“.
Auch NRW-Ministerpräsident Armin Laschet sagte in Düsseldorf, es sei „eine Illusion zu glauben, wir können das Schritt für Schritt so planen“. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) und Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) machten dagegen deutlich, sie hätten sich verbindlichere Regeln für das weitere Vorgehen gewünscht.
Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) mahnte eine kontinuierliche Kontrolle der Verhältnismäßigkeit von Corona-Beschränkungen an. Wenn die Grundrechtseingriffe zur Abwehr der Pandemie vor Gericht standhalten sollten, müssten sie „fortlaufend neu bewertet werden“, sagte Lambrecht dem „Spiegel“.
FDP-Chef Christian Lindner zeigte sich im Bundestag verärgert über die Verlängerung des Lockdown: „Viele Menschen haben sich mehr erwartet als einen frischen Haarschnitt.“ Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt mahnte langfristige Strategien bei der Pandemiebekämpfung an.
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) vermisste in den Bund-Länder-Beschlüssen eine klare Perspektive für ein bundeseinheitliches Vorgehen in der Pandemiebekämpfung und der stufenweisen Öffnung der Wirtschaft. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) lud dutzende Wirtschaftsverbände für kommenden Dienstag zu einem Krisengespräch ein.
Der Städte- und Gemeindebund kritisierte die uneinheitliche Linie bei den Schulöffnungen, über die nun die Länder eigenständig entscheiden sollen. Das Bundesgesundheitsministerium prüfte unterdessen die am Mittwoch in Aussicht gestellte höhere Priorität für Erzieherinnen und Erzieher sowie für Lehrkräfte beim Anspruch auf Impfungen, wie ein Sprecher auf Anfrage mitteilte. Unterstützung für dieses Anliegen signalisierte Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD). „Ich halte das für einen sehr guten Weg“, sagte sie in Berlin.
In einer Umfrage des Instituts Forsa für RTL und n-tv bezeichneten 72 Prozent der Befragten die Verlängerung des Lockdowns als richtig. 25 Prozent waren anderer Meinung. 50 Prozent äußerten die Erwartung, dass die Beschränkungen nach dem 7. März nun schrittweise gelockert werden. 45 Prozent erwarten allerdings, dass es dann eine neue Verlängerung geben wird. Forsa befragte an diesem Donnerstag 1005 Bürgerinnen und Bürger.