Überraschender Deal im Verfahren um Berichterstattung über Pell-Prozess

Die Justitia - ein Symbol der Rechtsstaatlichkeit
Die Justitia - ein Symbol der Rechtsstaatlichkeit

Mit einem überraschenden Deal ist dem Gerichtsverfahren um eine Nachrichtensperre im Missbrauchsprozess gegen den australischen Kardinal George Pell die Spitze genommen worden: Wie am Montag bekannt wurde, wollen sich die angeklagten australischen Medienunternehmen schuldig bekennen, gegen die Anordnung verstoßen zu haben. Im Gegenzug wurden die Anklagen gegen ihre Chefredakteure und Journalisten fallengelassen. Ihnen hätten sonst Haftstrafen gedroht.

Die größten Medienunternehmen Australiens sowie 18 Journalisten mussten sich seit November vor Gericht verantworten. Staatsanwältin Lisa de Ferrari warf ihnen vor, das richterliche Verbot missachtet zu haben, über den Schuldspruch in einem ersten Missbrauchsprozess gegen Kardinal Pell zu berichten. Mit der Nachrichtensperre sollte verhindert werden, dass Geschworene in einem damals noch anstehenden zweiten Prozess beeinflusst werden. 

Laut der Staatsanwältin umgingen die australischen Medien die Nachrichtensperre, indem sie in kryptischen Meldungen Leser dazu „eingeladen“ hätten, sich in ausländischen Medien über Pells Verurteilung zu informieren. Unter anderem hatte die Zeitung „Herald Sun“ aus Melbourne im Bundesstaat Victoria auf ihrer ersten Seite das Wort „Zensiert“ gedruckt und ausgeführt: „Die Welt liest eine sehr wichtige Geschichte, die für Menschen in Victoria relevant ist.“

Im Gegenzug zu dem Schuldeingeständnis ließ die Staatsanwaltschaft die Anklagen gegen die beteiligten Chefredakteure und Journalisten sowie alle weiteren Vorwürfe fallen. Den Medienunternehmen drohen nun hohe Geldstrafen. Die Anhörungen dazu beginnen am 10. Februar.

Pell war in dem ersten Verfahren wegen sexuellen Missbrauchs von zwei Chorknaben zu sechs Jahren Haft verurteilt worden. Er hat die Vorwürfe stets zurückgewiesen. Im vergangenen April hob das Oberste Gericht Australiens das Urteil gegen den früheren Finanzchef des Vatikans dann letztinstanzlich in allen Punkten auf, ein zweiter Prozess fand nicht statt. Der 79-Jährige wurde inzwischen auch wieder von Papst Franziskus im Vatikan empfangen.

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