CDU-Politiker nehmen Bundesregierung in Mithaftung für Wahlniederlagen

Bundeskanzleramt
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Die historisch schlechten Ergebnisse der CDU bei den Landtagswahlen im Südwesten sorgen in der Partei für Unruhe. Führende CDU-Politiker nahmen am Montag die von ihrer eigenen Partei geführte Bundesregierung in Mithaftung für die Stimmverluste und forderten ein besseres Corona-Krisenmanagement. Die SPD-Spitze sieht derweil die Chancen steigen, auf Bundesebene eine Regierung ohne Union zustande zu bringen. Grüne und FDP bekräftigten ihren Wunsch nach Übernahme von Regierungsverantwortung auch im Bund.

CDU-Chef Armin Laschet sieht nach dem missglückten Start ins Superwahljahr die Bundesregierung in der Pflicht, verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen. „Ich erwarte, dass die Bundesregierung gute Arbeit leistet“, sagte er in Berlin und verwies auf Schwierigkeiten bei der Impfkampagne, den Corona-Schnelltests und den Abschlagszahlungen für die Wirtschaft.

Einen Einfluss der Wahlniederlagen auf die immer noch offene K-Frage bei der Union sah Laschet nicht. Die Spitzen von CDU und CSU würden wie geplant zwischen Ostern und Pfingsten den gemeinsamen Kanzlerkandidaten benennen, sagte Laschet. Ähnlich äußerte sich CSU-Chef Markus Söder in München. „Geschlossenheit ist ganz entscheidend“, sagte Söder zur Kandidatenkür.

Söder forderte angesichts der Wahlniederlagen frische Köpfe in der Union für den Bundestagswahlkampf. „Um das Kabinett herum müssen die beiden Unionsparteien noch einmal Teams für die Zukunft bilden“, sagte er. Eine „hektische Kabinettsumbildung“ werde nun nach seiner Einschätzung nichts bringen. 

In Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz war die CDU bei den Wahlen am Sonntag so weit abgesackt, dass sie rein rechnerisch für Regierungsbeteiligungen nicht mehr benötigt wird. Söder bezeichnete die Niederlagen als „Wakeup-Call“ für die Union. Es seien nun auch Mehrheiten jenseits der Union möglich, warnte er. Wer glaube, CDU und CSU würden auf jeden Fall den nächsten Bundeskanzler stellen, sei widerlegt.

CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak wies auf den wachsenden Unmut der Menschen mit der Corona-Politik hin. „Beim Testen und Impfen müssen wir jetzt Gas geben“, sagte er in Richtung Bundesregierung. 

Unionsfraktionsvize Carsten Linnemann (CDU) gab dem Wunsch vieler Christdemokraten nach mehr Eigenständigkeit der Partei gegenüber der Regierung Ausdruck. Die CDU müsse sich „als Partei von der Regierung emanzipieren“, sagte er der „Welt“ – und sie müsse nun „endlich beweisen, dass sie Corona-Management kann“.

Die SPD hofft nach dem guten Abschneiden bei der Landtagswahl in Rheinland-Pfalz auf Rückenwind auch für den Bundestagswahlkampf. „Es gibt Mehrheiten diesseits der Union“, sagte Kanzlerkandidat Olaf Scholz mit Blick auf Optionen für eine Ampel-Koalition auch in Baden-Württemberg. Auch Parteichefin Saskia Esken sagte, die Landtagswahlen hätten gezeigt, dass auch im Bund Regierungskoalitionen ohne CDU/CSU möglich seien.

Im Aufwind sahen sich auch die Grünen. Mit Blick auf die Bundestagswahl sagte Parteichef Robert Habeck: „Es ist ein völlig offenes Jahr.“ Er fügte hinzu: „Das heißt, dass wir die Chance haben, das Unwahrscheinliche möglich zu machen.“

FDP-Chef Christian Lindner bewertete die Chancen einer Ampelkoalition auch im Bund zurückhaltend: In der Sache stehe die FDP der Union trotz deren „Ambitionslosigkeit“ näher als SPD und Grünen.

Die neue Spitze der Linkspartei sieht nach den Wahlen gute Chancen auf ein „progressives Bündnis“ mit Sozialdemokraten und Grünen im Bund. Es gebe jetzt endlich eine tatsächliche Option, die CDU aus der Bundesregierung abzuwählen, sagte Parteichefin Susanne Hennig-Wellsow.

AfD-Chef Jörg Meuthen führte den Einbruch seiner Partei bei den Wahlen auch auf das Vorgehen des Verfassungsschutzes zurück. Dieses habe sich „fatal ausgewirkt“, sagte Meuthen. Der Verfassungsschutz hatte die AfD kurz vor den Wahlen zum Rechtsextremismus-Verdachtsfall erklärt. Ein Gericht machte dies aber rückgängig.

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