Kann ich noch zur Arbeit fahren? Wo kann ich mich testen lassen? Solche Fragen bewegen derzeit viele Menschen im deutsch-französischen Grenzgebiet. Seit Dienstag gelten zwischen Saar und Mosel harte Corona-Regeln auch für Berufspendler. Das Robert-Koch-Institut hat den französischen Verwaltungsbezirk Moselle zum „Virusvariantengebiet“ erklärt, weil dort die hoch ansteckende Mutante aus Südafrika grassiert.
Französische Grenzgänger müssen für eine Fahrt nach Deutschland nun erstmals einen negativen Corona-Test vorlegen, akzeptiert werden PCR- oder Schnelltests. Zudem müssen sie vor jedem Grenzübertritt die digitale Einreiseanmeldung der Bundesregierung ausfüllen. Das gilt ausdrücklich auch für die rund 16.000 Berufspendler.
„Für uns Grenzpendler wird das nun kompliziert“, sagt Amandine Bickel. Die 31-jährige Französin hat einen Zeitschriften- und Tabakladen direkt hinter der Grenze, am Ortseingang von Saarbrücken. Bickel hat noch Glück, denn neben ihrem Geschäft gibt es ein neues Drive-In-Testzelt. Dort bildeten sich am Dienstag Autoschlangen, wie AFP-Reporter berichteten.
Bei vielen Grenzgängern stoßen die verschärften Regeln auf Kritik: „Ich finde das indiskutabel“, sagte der französische Berufspendler Serge Illig der Nachrichtenagentur AFP. „Wenn der negative Test nur 48 Stunden gilt, müssen wir alle zwei Tage einen machen.“ Der Deutsche Martin Wiegand sprach von einer „schwierigen Situation“ für Pendler. Bus- und Zugverbindungen aus Moselle nach Deutschland sind auf Weisung der Bundesregierung vorerst unterbrochen.
„Ich kann nun nicht mehr jeden Morgen mein Baguette in Frankreich kaufen“, beschwert sich ein älterer Herr, der auf der deutschen Seite der Grenze lebt. Denn Frankreich verlangt von Grenzbewohnern aus dem Saarland oder Rheinland-Pfalz nun ebenfalls einen negativen Corona-Test – allerdings nur für nicht beruflich bedingte Fahrten, also zum Einkaufen oder Besuchen bei Verwandten oder Freunden.
Anders als im Fall von Tschechien und Tirol in Österreich soll es nach einer deutsch-französischen Absprache auch künftig keine Kontrollen direkt an der Grenze geben. Stattdessen sieht das Innenministerium eine „Schleierfahndung im Hinterraum“ vor. Bisher waren Grenzübertritte von bis zu 24 Stunden in beide Richtungen ohne Auflage erlaubt, um die engen Beziehungen in der Region nicht zu stören.
Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) äußerte sich „sehr besorgt über die Ausbreitung der Virusvarianten in unserem Nachbarland Frankreich“. Die dortige regionale Gesundheitsbehörde hatte den Anteil der südafrikanischen Variante an den Neuinfektionen in Moselle zuletzt auf rund 50 Prozent geschätzt. Die Inzidenz lag in dem französischen Verwaltungsbezirk zu Wochenbeginn demnach bei 284 pro 100.000 Einwohner.
Als zusätzliche Schutzmaßnahme verhängte die Präfektur von Moselle nach Angaben französischer Lokalmedien ein Alkoholverbot im öffentlichen Raum in Städten wie Metz, Sarreguemines und Forbach. Damit sollen Ansammlungen junger Leute verhindert werden.
Die französische Regierung hat das Mosel-Gebiet bisher lediglich unter „verschärfte Beobachtung“ gestellt und 30.000 zusätzliche Impfdosen zugesagt. Zudem könnte eine weitgehende Ausgangssperre an Wochenenden kommen. Eine solche gilt in Frankreich bereits teilweise an der Côte d’Azur.