EU-Parlament will mit Klage wegen Rechtsstaatsmechanismus drohen

EuGH/Justizia
EuGH/Justizia

Das EU-Parlament will der Europäischen Kommission mit einer Klage drohen, weil sie den Rechtsstaatsmechanismus im Gemeinschaftshaushalt noch nicht zur Anwendung gebracht hat. Das Parlament betrachte dies als „Untätigkeit“, heißt es in einem Entschließungsentwurf, der am Dienstag vorbereitet wurde. Sollte die Brüsseler Behörde ihren Verpflichtungen bis zum 1. Juni nicht nachkommen, wird das Parlament demnach Klage beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) einreichen.

Der Rechtsstaatsmechanismus ist seit Anfang dieses Jahres in Kraft und berechtigt die Kommission, den Mitgliedstaaten bei rechtsstaatlichen Verfehlungen zulasten des Gemeinschaftshaushalts EU-Mittel zu kürzen. Im Fokus standen in diesem Zusammenhang bislang vor allem Polen und Ungarn, die seit Jahren in Brüssel wegen Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit und demokratische Grundwerte am Pranger stehen.

„Die Situation in Bezug auf die Achtung des Rechtsstaatsprinzips in einigen Mitgliedstaaten“ rechtfertige eine sofortige Anwendung des neuen Instruments, heißt es im Entschließungsentwurf des Parlaments. Die Abgeordneten nähmen jedoch „mit Enttäuschung zur Kenntnis“, dass die Kommission bislang keine entsprechenden Schreiben an betroffene Mitgliedstaaten geschickt habe.

Der von Konservativen, Sozialdemokraten, Liberalen, Grünen und Linken eingereichte Entschließungsantrag nennt bislang keine bestimmten Länder. Ein Änderungsantrag von linken Abgeordneten fordert die Kommission aber auf, aus eigenen Untersuchungen zur „Gefährdung der Unabhängigkeit der Justiz in Ungarn und Polen, Schlussfolgerungen zu ziehen und der ungarischen und polnischen Regierung unverzüglich eine Mitteilung zu übermitteln“.

Warschau und Budapest hatten sich vehement gegen den Rechtsstaatsmechanismus gewehrt und dabei über Wochen ein billionenschweres Finanzpaket aus dem EU-Haushalt und dem Corona-Hilfsfonds blockiert. Schließlich stimmten sie zu, nachdem die Staats- und Regierungschefs zugesichert hatten, dass Kürzungen von EU-Geldern erst erfolgen würden, nachdem der EuGH das Instrument rechtlich geprüft habe. Die entsprechenden Klagen reichten die beiden Länder vergangene Woche ein.

Im Entschließungsentwurf, über den am Mittwoch abgestimmt werden soll, führen die Abgeordneten nun an, „dass Klagen vor dem EuGH (…) keine aufschiebende Wirkung haben“. Auch kritisieren sie, dass die Kommission vor der Anwendung des Rechtsstaatsmechanismus dafür noch „Leitlinien“ entwickeln wolle. Dies hatte die Behörde mit Blick auf den Gipfel-Kompromiss mit Polen und Ungarn angekündigt.

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