Das Bundesland Oberösterreich verstößt mit seinen Regelungen zum Wohngeld für Menschen aus Nicht-EU-Staaten gegen EU-Recht. Diese Einschätzung vertrat Generalanwalt Gerard Hogan am Dienstag bei der Verlesung seiner Schlussanträge vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg. (Az. C-94/20)
Um Wohnbeihilfe zu bekommen, müssen langfristig aufenthaltsberechtigte Angehörige von Drittstaaten seit 2018 in Oberösterreich anders als EU-Bürger grundlegende Deutschkenntnisse nachweisen. Dagegen klagt ein Türke, der zwar ausreichend Deutsch spricht, dies aber nicht nachweisen kann.
Der Mann lebt seit 1997 in Österreich und ist langfristig aufenthaltsberechtigt. Vom Bundesland Oberösterreich verlangt er nun Schadenersatz für die ihm entgangene Wohnbeihilfe. In erster Instanz hatte er Erfolg, woraufhin das Land in Berufung ging. Das Berufungsgericht setzte das Verfahren aus und fragte den EuGH, ob die oberösterreichische Regelung mit EU-Recht vereinbar sei oder ob es sich hier um Diskriminierung handle.
Nach Ansicht des EuGH-Generalanwalts ist eine solche Wohnbeihilfe als Kernleistung anzusehen, weshalb die beanstandete Ungleichbehandlung gegen die Rechtslage verstoße.
Der Anspruch von langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen, gleichberechtigt mit EU-Bürgern Zugang zu angemessenem Wohnraum zu erhalten, den sie sich sonst nur unter Verzicht auf andere Grundbedürfnisse leisten könnten, ist nach Auffassung des Generalanwalts „der Schlüssel zur Sicherstellung ihrer weiteren wirtschaftlichen und sozialen Integration“. Die auf 300 Euro begrenzte Wohnbeihilfe solle gewährleisten, dass eine angemessene Wohnung auch für Haushalte mit geringem Einkommen erschwinglich ist.