Die am Montagnachmittag überraschend bekanntgegebene Aussetzung der Nutzung des Corona-Impfstoffs von Astrazeneca in Deutschland stößt bei Politikern von SPD und Linkspartei auf Kritik. „Ich halte das für einen Fehler“, sagte der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach dem ZDF. Der Impfstopp werde das Vertrauen in Astrazeneca weiter reduzieren, „dabei gibt es keine neuen Daten, die den Stopp rechtfertigen“, sagte Lauterbach weiter.
Irritiert äußerte sich auch die SPD-Europapolitikerin Katarina Barley. „Die neueste Generation der Antibabypille hat als Nebenwirkung Thrombosen bei acht bis zwölf von 10.000 Frauen. Hat das bisher irgendwen gestört?“, fragte sie im Internetdienst Twitter. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte zuvor von sieben berichteten Fällen von Thrombosen in Hirnvenen bei einer Gesamtzahl von mehr als 1,6 Millionen Impfungen mit Astrazeneca in Deutschland gesprochen.
„Die Astrazeneca-Aussetzung zerstört Vertrauen in einen guten Impfstoff“, schrieb auf Twitter der Linken-Europapolitiker Erik Marquardt, „bloß weil niemand mehr Verantwortung für Entscheidungen übernehmen“ wolle. „Mit dieser bürokratischen Lethargie würde man bei Seenot auch nicht vom sinkenden Schiff springen, weil man dabei nass werden könnte“, kritisierte er weiter.
„Herr Spahn muss seine erratische Kehrtwende erklären“, verlangte FDP-Fraktionsvize Michael Theurer in Berlin. Dazu gehöre auch die Frage, warum die Entscheidung unmittelbar nach den Landtagswahlen vom Sonntag bekanntgegeben werde und ob dafür neue Daten vorlägen, erklärte Theurer weiter. Der FDP-Politiker wies darauf hin, dass die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA die bislang bekannt gewordenen Fälle von Thrombosen als „statistisch völlig unauffällig“ einstufe, und empfehle, den Impfstoff von Astrazeneca weiter zu nutzen.
Vor gravierenden Konsequenzen der Entscheidung warnte auf Twitter der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen. Die Aussetzung der Nutzung von Astrazeneca treffe nun mit dem „Hereinbrechen der dritten Welle“ der Corona-Pandemie zusammen. Die Konsequenz müsse sein: „Die Corona-Schutzmaßnahmen müssen nun hochgefahren werden.“ Auch Lauterbach warnte im „Münchner Merkur“: „Unsere Impfstrategie fällt in sich zusammen.“