Das spanische Parlament hat die Legalisierung der Sterbehilfe gebilligt. Bei der abschließenden Abstimmung im Abgeordnetenhaus votierte am Donnerstag eine deutliche Mehrheit von 202 Abgeordneten für das entsprechende Gesetz, 141 Abgeordnete der konservativen und rechtsextremen Parteien stimmten dagegen, zwei Abgeordnete enthielten sich. Spanien ist damit eines von wenigen Ländern, in dem todkranke oder von unerträglichen Schmerzen geplagte Patienten ihrem Leiden ein Ende setzen dürfen.
Mit dem Gesetz können Menschen mit einer „schweren und unheilbaren“ Krankheit oder „chronischen“, stark einschränkenden Schmerzen auf ausdrücklichen eigenen Wunsch Sterbehilfe erhalten, um „unerträgliches Leid“ zu vermeiden. Erlaubt ist dem Gesetz zufolge sowohl die bewusste Herbeiführung des Todes durch medizinisches Personal als auch Unterstützung dabei, wenn Sterbewillige ihrem Leben selbst ein Ende setzen wollen.
Mit diesem Gesetz „kommen wir einer humaneren und gerechteren Gesellschaft näher“, sagte die sozialistische Gesundheitsministerin Carolina Darias mit Verweis auf „die Menschen, die sich in einer Situation großen Leids befinden, und ihre Familien“.
Von konservativen Parteien sowie der katholischen Kirche wird das Gesetz vehement abgelehnt. „Sterbehilfe ist immer eine Form von Mord, weil es bedeutet, dass ein Mensch am Tod eines anderen beteiligt ist“, erklärte die spanische Bischofskonferenz. „Das Leben kann nicht in die Hände der Behörden gelegt werden“, sagte Lourdes Méndez Monasterio, Abgeordnete der rechtsextremen Vox-Partei, die bereits angekündigt hat, vor das Verfassungsgericht zu ziehen.
Der Gesetzentwurf war von der sozialistischen Regierung von Ministerpräsident Pedro Sánchez eingebracht worden. Die Neuregelung erfolgte nach einer langen Auseinandersetzung um erschütternde Schicksale, darunter der Fall von Ramón Sampedro, der nach einem Badeunfall vom Hals abwärts gelähmt war und jahrelang vergeblich vor der spanischen Justiz um das Recht auf einen selbstbestimmten Tod kämpfte. Seinem Schicksal wurde mit dem Oscar-prämierten Film „Das Meer in mir“ von 2004 ein Denkmal gesetzt.
„Heute sind wir ein Land, das menschlicher, gerechter und freier ist“, erklärte Regierungschef Sánchez auf Twitter. Das von vielen geforderte Recht, „würdig sterben“ zu dürfen, sei in Spanien „endlich Wirklichkeit geworden“, erklärte er kurz nach dem Parlamentsvotum.
Das Gesetz soll im Juni in Kraft treten. Sterbewillige müssen spanische Staatsbürger sein oder in dem Land wohnen. Den entsprechenden Antrag müssen sie schriftlich und „bei vollem Bewusstsein“ stellen und nach zwei Wochen bekräftigen. Der Antrag muss dann von zwei Ärzten und anschließend noch von einer Kommission genehmigt werden, bevor die Sterbehilfe erfolgen kann.
Gesundheitspersonal, das die Sterbehilfe nicht ausführen will, darf die Beteiligung unter Berufung auf „Gewissensgründe“ verweigern.
In Europa ist Spanien damit das vierte Land nach den Niederlanden, Belgien und Luxemburg, in dem Sterbehilfe erlaubt ist. Das Parlament in Portugal hatte Ende Januar für eine Legalisierung der Sterbehilfe gestimmt, das Verfassungsgericht forderte jedoch am Montag Nachbesserungen an dem Gesetz.