Ein kleiner Junge darf nicht zu seiner früheren Pflegemutter zurückgebracht werden, deren Mann wegen der Verbreitung von Kinderpornografie verurteilt wurde. Bei der Entscheidung für die Rückkehr sei eine mögliche Gefährdung des Kindeswohls nicht ausreichend berücksichtigt worden, teilte das Bundesverfassungsgericht am Freitag in Karlsruhe mit. Das brandenburgische Oberlandesgericht in Brandenburg an der Havel muss den Fall nun neu verhandeln. (Az. 1 BvR 1780/20)
Das 2014 geborene Kind wurde kurz nach seiner Geburt zu Pflegeeltern gegeben, die sich auch für eine Adoption bewarben. Im Adoptionsverfahren wurde 2018 bekannt, dass der Pflegevater 2017 wegen des Besitzes und der Verbreitung kinderpornografischer Schriften zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden war. Das Jugendamt nahm den Jungen aus der Familie und brachte ihn erst zu einer anderen Pflegefamilie, dann in ein Kinderheim.
Ein Antrag der ursprünglichen Pflegeeltern dagegen wurde abgelehnt, eine Beschwerde gegen diesen Beschluss vor dem Oberlandesgericht hatte aber Erfolg. In der Zwischenzeit hatte sich das Paar getrennt, der Pflegevater zog aus. Die Pflegemutter wollte das Kind nun allein erziehen, und das Oberlandesgericht erlaubte dies.
Dagegen legte der Amtsvormund des Jungen Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe ein. Das Bundesverfassungsgericht entschied im August 2020 im Eilverfahren, dass das Kind zunächst nicht zurück zu der Frau gebracht werden solle. Nun hob es den Beschluss des Oberlandesgerichts auf. Dieses habe sich keine „möglichst zuverlässige Grundlage“ für die Prognose über drohende Gefahren für das Kind verschafft, hieß es.
Als Beispiel führte das Gericht an, dass die Pflegeeltern nach der Aufdeckung der Taten des Pflegevaters noch lange Zeit zusammenlebten und sogar zusammen versuchten hätten, die Taten zu verheimlichen und später zu verharmlosen. Auch habe das Jugendamt Zweifel an der Erziehungsfähigkeit der Pflegemutter geäußert.