Polen klagt vor EuGH gegen EU-Rechtsstaatsmechanismus

EuGH/Justizia
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Polen klagt gegen die neu geschaffene Möglichkeit, EU-Gelder bei Rechtsstaatsverstößen zu kürzen oder zu streichen. Wie die Regierung in Warschau am Donnerstag mitteilte, reichte sie Beschwerde gegen den im Januar in Kraft getretenen EU-Rechtsstaatsmechanismus beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) ein. Dies wird nach einem politischen Kompromiss der EU-Mitgliedstaaten dazu führen, dass der Sanktionsmechanismus vorläufig nicht angewendet wird.

„Wir glauben, dass solche Lösungen keine rechtliche Grundlage in den (EU-)Verträgen haben“, erklärte die polnische Regierung zu der Klage. Die Regelung greife unzulässig „in die Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten“ ein.

Der Rechtsstaatsmechanismus war nach langem Ringen beim EU-Gipfel im Dezember verabschiedet worden und ist seit dem 1. Januar in Kraft. Er kann zur Kürzung oder Streichung von EU-Geldern führen, wenn ihre ordnungsgemäße Verwendung durch Rechtsstaatsdefizite beeinträchtigt wird.

Polen und Ungarn hatten sich heftig gegen die Regelung gewehrt. Sie blockierten wegen des Streits über Wochen ein billionenschweres Finanzpaket aus dem EU-Haushalt und dem Corona-Hilfsfonds.

Gelöst wurde die Blockade durch einen vom damaligen deutschen EU-Vorsitz ausgehandelten Kompromiss. In einer erläuternden Erklärung wurde Warschau und Budapest zugesichert, dass zunächst keine Kürzungen von EU-Geldern erfolgen, wenn sie Klage vor dem EuGH gegen die Regelung einreichen. 

Solche Verfahren dauern normalerweise im Schnitt 18 Monate. Nach dem Gipfel-Kompromiss würden Ungarn und Polen – aber auch anderen möglicherweise betroffenen EU-Ländern – damit vor 2022 keine Sanktionen drohen. Die EU-Kommission hat aber bereits angekündigt, dass sie bei Klagen ein beschleunigtes EuGH-Verfahren beantragen werde. Diese werden im Schnitt in gut zehn Monaten abgeschlossen.

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