Steinmeier darf das Gesetz zum EU-Corona-Hilfsfonds vorerst nicht unterzeichnen

Symbolbild: Bundesverfassungsgericht
Symbolbild: Bundesverfassungsgericht

Der gemeinsame EU-Fonds zur Bekämpfung der Pandemie-Folgen hat in Deutschland zwar alle parlamentarischen Hürden genommen – die Unterzeichnung des Ratifizierungsgesetzes wurde aber vorläufig vom Bundesverfassungsgericht gestoppt. Nach dem Bundestag votierte am Freitag zunächst auch der Bundesrat für die Vorlage. Kurz darauf entschied das Bundesverfassungsgericht, dass Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier das Gesetz bis zur Entscheidung über einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht ausfertigen dürfe. 

Der sogenannte Eigenmittelbeschluss ermächtigt die EU-Kommission, für den Wiederaufbaufonds bis zu 750 Milliarden Euro am Kapitalmarkt aufzunehmen. Aus dem Corona-Hilfsfonds sollen 390 Milliarden Euro als Zuschüsse verteilt werden, die restlichen 360 Milliarden Euro als Kredite fließen. Diese Gelder müssen von den Empfängern an die EU-Kommission zurückgezahlt werden, die dann damit die entsprechenden EU-Schulden tilgt. 

Insgesamt sollen die Corona-Schulden der EU bis zum Jahr 2058 zurückgezahlt sein. Wie genau ist noch weitgehend offen. Um höhere Beiträge der Mitgliedstaaten zu verhindern, soll die Tilgung über neue EU-Einnahmen finanziert werden: Beschlossen ist ab 2021 bereits eine Abgabe auf Plastikmüll. Geplant sind zudem eine Digitalsteuer, ein Aufschlag auf Importe aus Drittstaaten mit geringeren Umweltauflagen sowie eine Ausweitung des Emissionshandels auf Luft- und Schifffahrt.

Die AfD im Bundestag kündigte an, gegen den deutschen Ratifizierungsprozess juristisch vorzugehen. Sie will beim Bundesverfassungsgericht Organklage einlegen und zugleich eine einstweilige Anordnung beantragen. Schon am Montag hatte das „Bündnis Bürgerwille“ um den Wirtschaftswissenschaftler und früheren AfD-Chef Bernd Lucke eine Verfassungsbeschwerde und den Antrag auf eine einstweilige Anordnung angekündigt. Darüber entschied nun offensichtlich das Verfassungsgericht.

Das Bündnis will nach eigenen Angaben prüfen lassen, ob Deutschland der Schuldenaufnahme überhaupt zustimmen dürfe. Es befürchtete aber, dass Steinmeier das Gesetz noch am Freitag unterzeichnen könnte, so dass es ratifiziert wäre.

Dies hat das Bundesverfassungsgericht nun untersagt. In einem sogenannten Hängebeschluss verbot das Gericht dem Bundespräsidenten, das Gesetz bis zur Entscheidung über eine einstweilige Anordnung zu unterschreiben. Eine Begründung gab Karlsruhe noch nicht; sie soll nachgeliefert werden.

Damit die EU-Kommission mit der Schuldenaufnahme loslegen kann, müssen alle Mitgliedsstaaten den Eigenmittelbeschluss ratifizieren. Bis Donnerstag hatten dies nach Kommissionsangaben 16 der 27 EU-Länder getan.

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