Der Weg für das Gesetz gegen Hasskriminalität und Rechtsextremismus ist frei: Bundestag und Bundesrat billigten am Freitag die Neuregelung zur Bestandsdatenauskunft, mit der auch die geplanten neuen Bestimmungen zum Vorgehen gegen Hass im Netz umgesetzt werden können. Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) begrüßte die Entscheidung und der Zentralrat der Juden begrüßten das Gesetz. „Wir müssen die immer neuen Wellen des Hasses stoppen“, erklärte Lambrecht.
Die manuelle Bestandsdatenauskunft ermöglicht es Sicherheitsbehörden, von Telekommunikationsunternehmen Auskunft über den Telefon-Anschlussinhaber oder eine zu einem bestimmten Zeitpunkt zugewiesenen IP-Adresse zu erlangen – etwa zur Verfolgung von Straftaten. Die Regelung war aus datenschutzrechtlichen Gründen strittig, deswegen wurde am Mittwoch im Vermittlungsausschuss ein Kompromiss ausgehandelt.
Auch das Mitte vergangenen Jahres beschlossene Gesetz gegen Hass im Netz enthält Regelungen zur Bestandsdatenauskunft, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat es bislang nicht ausgefertigt. Dafür ist der Weg jetzt frei. Es verpflichtet die sozialen Netzwerke, schwere Fälle von Hass an das Bundeskriminalamt (BKA) zu melden.
„Menschenverachtung, Rassismus, Antisemitismus – all das ist im Netz allgegenwärtig“, erklärte Lambrecht. Und in der Pandemie sei das oft noch aggressiver als zuvor. Wer sich politisch äußere oder wissenschaftlich forsche, werde immer häufiger Ziel von Attacken und Einschüchterungsversuchen. „Aus Hass im Netz wird viel zu oft reale Gewalt.“ Mord- oder Vergewaltigungsdrohungen seien keine Meinungsäußerungen, sondern Straftaten, die konsequent verfolgt werden müssten.
Mit dem Gesetz zur Hasskriminalität wird zudem der Strafrahmen für Beleidigungen im Netz auf bis zu zwei Jahre Freiheitsstrafe verdoppelt. Auf drei Jahre verdreifacht wird der Rahmen für Mord- oder Vergewaltigungsdrohungen.
Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, erklärte: „Für die Bekämpfung der wachsenden radikalen Kräfte in unserem Land ist heute ein wichtiger Schritt getan worden.“ Jetzt komme es auf die Umsetzung an. Nach der personellen Aufstockung bei Bundeskriminalamt und Bundesverfassungsschutz „brauchen wir in den Behörden und in der Justiz auch mehr Sensibilität für Antisemitismus“. Schuster forderte gezielte Fortbildungen, damit antisemitische Straftaten auch als solche erkannt werden.
Das am Freitag gebilligte Gesetz zur Bestandsdatenauskunft war bislang im Bundesrat an den Ländern mit Regierungsbeteiligung der Grünen gescheitert. Sie hatten ebenso wie FDP und Linke datenschutzrechtliche Bedenken geltend gemacht und die Befürchtung geäußert, das Gesetz könnte abermals vor dem Bundesverfassungsgericht scheitern. Karlsruhe hatte bereits eine vorangegangene Fassung des Gesetzes beanstandet.
Bei der Abstimmung am Freitag im Bundestag stimmten Union und SPD für das Gesetz, AfD und FDP dagegen. Linke und Grüne enthielten sich. Nach dem im Vermittlungsausschuss erzielten Kompromiss sind insbesondere Auskünfte zu Nutzungsdaten im repressiven Bereich nur für die Verfolgung von Straftaten, nicht jedoch für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten möglich. Außerdem wird klargestellt, dass nur bei bestimmten besonders schweren Straftat eine Passwortherausgabe in Betracht kommt.