Politiker wollen nach Karlsruher Entscheidung zu Klimaschutzgesetz rasch handeln

Symbolbild: Klima
Symbolbild: Klima

Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur teilweisen Verfassungswidrigkeit des Klimaschutzgesetzes wollen mehrere Regierungsmitglieder die Klimapolitik schnell verbessern. Die Karlsruher Richter gaben dem Gesetzgeber am Donnerstag den Auftrag, die Minderung der Treibhausgasemissionen für die Zeit nach 2030 genauer zu regeln. Die Freiheitsrechte junger Generationen würden durch das Fehlen entsprechender Pläne verletzt. (Az. 1 BvR 2565/18 u.a.)

Das Klimaschutzgesetz schreibt für jeden Sektor wie etwa Verkehr oder Energiewirtschaft einzeln fest, wie viele Emissionen bis 2030 ausgestoßen werden dürfen. Bis dahin soll der Ausstoß von Treibhausgasen um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 zurückgehen. Genaue Regelungen für die Zeit danach gibt es nicht.

Allerdings verpflichtete sich Deutschland, bis 2050 klimaneutral zu werden und unterzeichnete im Pariser Abkommen mit, dass die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad Celsius gegenüber der vorindustriellen Zeit begrenzt werden soll. Deswegen werden voraussichtlich weitere harte Maßnahmen notwendig sein.

Das Gericht ist der Ansicht, dass Klimaschutz auch aus dem Grundgesetz folge. Das Klimaschutzgesetz verschiebe aber hohe Lasten für die Minderung der Emissionen unumkehrbar auf die Zeit nach 2030. Die dann noch notwendigen Minderungen müssten immer dringender und kurzfristiger erbracht werden.

Von diesen Pflichten sei praktisch jede Freiheit potenziell betroffen. Der Gesetzgeber hätte darum Vorkehrungen treffen müssen, um die Lasten abzumildern. Ein umfangreicher Verbrauch des Kohledioxidbudgets schon bis 2030 verschärfe das Risiko schwerwiegender Freiheitseinbußen, hieß es aus Karlsruhe.

Auf die Entscheidung folgte politischer Streit zwischen den Koalitionspartnern, die das Gesetz Ende 2019 auf den Weg gebracht hatten. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) warf der Union und vor allem dem Bundeswirtschaftsministerium von Peter Altmaier (CDU) vor, beim Klimaschutz auf der Bremse gestanden zu haben. Er will nun schnell handeln. „Immer wieder hat Altmaiers Haus blockiert“, sagte auch der Vizechef der SPD-Bundestagsfraktion, Matthias Miersch, dem Portal „t-online“.

Bundeswirtschaftsminister Altmaier selbst verwies dagegen darauf, dass er sich schon im September für konkrete Minderungsziele für jedes Jahr ausgesprochen hatte. Auch Altmaier kündigte an, sich nun schnell für die notwendigen Änderungen einsetzen zu wollen.

Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) will noch im Sommer Eckpunkte für ein weiterentwickeltes Klimaschutzgesetz vorlegen. Sie hätte gern schon in das aktuelle Gesetz weitere Zwischenziele für die 30er Jahre aufgenommen, dafür habe es aber keine Mehrheit gegeben, erklärte sie.

FDP-Chef Christian Lindner forderte in der „Heilbronner Stimme“ einen „klimapolitischen Neustart“. Die FDP vertrete dieselbe Haltung wie das Gericht, dass es mehr Verbindlichkeit bei den Reduktionszielen brauche. „Zugleich sollten wir aber stärker auf Ideenwettbewerb und einen Technologieschub setzen.“

Linken-Chefin Susanne Hennig-Wellsow sagte der Nachrichtenagentur AFP, die Entscheidung aus Karlsruhe sei „mutmachend“. Umso wichtiger sei es, jetzt umzusteuern. Es gehe um „gute Klimapolitik und soziale Gerechtigkeit, damit unsere Gesellschaft fit für die Zukunft wird“.

Grünen-Chefin Annalena Baerbock erklärte, die klare Botschaft sei, dass zu wenig Klimaschutz die Freiheitsrechte dieser und kommender Generationen bedrohe. „Wir und unsere Kinder haben ein Grundrecht auf Zukunft.“ Nun müsse konsequent und konkret gehandelt werden, um mehr Kohlendioxid einzusparen.

AfD-Fraktionschefin Alice Weidel twitterte dagegen, dass es nicht Aufgabe des Gerichts sei, gesetzgeberisch tätig zu sein. „Die Bundesregierung zu zwingen, Klimaziele früher zu erreichen, ist aber genau das.“ Das Gericht habe die Verfassung und Grundrechte zu schützen, nicht „ideologische Klimaziele“.

Der Bundesverband der deutschen Industrie teilte mit, die Entscheidung fordere „richtigerweise ein, dass die Politik langfristige CO2-Ziele parlamentarisch festlegen und intensiv beraten muss“. Der Verband kommunaler Unternehmen erklärte, der Druck werde erhöht, „für den Klimaschutz langfristig klare und verlässlichere Rahmenbedingungen zu schaffen“.

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