Bei den Rechten für Geimpfte droht ein neuer Flickenteppich

Impfen - Bild: Dirk Vorderstraße/CC BY 2.0
Impfen - Bild: Dirk Vorderstraße/CC BY 2.0

Wer geimpft ist, soll es besser haben: Menschen, die den vollen Schutz mit einem Vakzin gegen das Coronavirus haben, werden künftig die gleichen Rechte haben wie Genesene oder negativ Getestete. Der Bund arbeitet an einer entsprechenden Verordnung, doch viele Länder wollen nicht mehr warten und preschen mit eigenen Regelungen vor. So droht ein Flickenteppich, wie es ihn schon bei den Kontaktbeschränkungen und Schließungen in der Pandemie gab.

Wie sehen die Pläne des Bundes aus?

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) kündigte am Mittwoch im ARD-„Morgenmagazin“ an, sie wolle „schnellstmöglich“ eine Verordnung vorlegen, mit der die vollständig Geimpften ihre Grundrechte zurückerhalten. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will das Verfahren bis zum 28. Mai abschließen. Dann könne als letzte Instanz der Bundesrat einer Verordnung zustimmen. Vorher muss diese allerdings von der Bundesregierung auf den Weg gebracht und vom Bundestag gebilligt werden.

Was sind die rechtlichen Grundlagen?

In Paragraf 28c des neuen Infektionsschuttgesetzes wird die Bundesregierung ermächtigt, per Rechtsverordnung Erleichterungen für Menschen einzuführen, bei denen von einer Immunisierung gegen das Coronavirus auszugehen ist – oder die ein negatives Testergebnis vorweisen können.

Wer genau soll von den Lockerungen profitieren?

Der vollständige Impfschutz besteht 14 Tage nach der letzten Impfung. Bei Biontech, Moderna und Astrazeneca gibt es zwei Impfungen, bei dem neu in Deutschland verfügbaren Vakzin von Johnson & Johnson ist eine Impfung ausreichend.

Auch Genesene gelten als immunisiert. Voraussetzung soll nach den Plänen der Bundesregierung sein, dass ein positives PCR-Testergebnis mindestens 28 Tage zurückliegt. Dies gilt bis zu sechs Monate nach der Feststellung der Genesung.

In welchen Ländern gibt es bereits eigene Regelungen oder Vorbereitungen dafür?

Der Berliner Senat hat beschlossen, Geimpfte wie Menschen mit einem negativen Test zu behandeln. Sie dürfen demnach ohne vorherigen Test in allen Geschäften Einkaufen gehen, zum Friseur oder in einen Kosmetiksalon sowie in Museen.

In Brandenburg gelten für Geimpfte bereits gelockerte Besucherregelungen in Senioren- und Pflegeheime, dort können auch Gruppen von Bewohnern wieder zusammenkommen. Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) geht davon aus, dass zudem künftig die Quarantäne für Kontaktpersonen von Infizierten wegfallen wird. Um ähnliche Regelung geht es in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz.

In Hessen gilt dies bereits – zudem entfällt für vollständig Geimpfte die Quarantäne bei der Rückkehr von einer Reise. Außerdem entfällt die Testpflicht bei „Click&Meet“-Shopping sowie beim Friseur oder der Fußpflege. Auch in Niedersachsen entfallen für die Geimpften Test- und Quarantänepflichten. Mecklenburg-Vorpommern plant die Gleichstellung mit den negativ Getesteten für den 1. Mai, Thüringen für den 5. Mai.

Einen anderen Weg schlägt Nordrhein-Westfalen ein. Ministerpräsident Armin Laschet warb am Mittwoch im Düsseldorfer Landtag für ein abgestimmtes Vorgehen von Bund und den Ländern – und verwies auf die vom Bund geplante Rechtsverordnung.

Dürfen die Länder überhaupt eigene Regelungen treffen?

Lambrecht hat da keine Bedenken. Was die Länder nun machen, „geht absolut in die richtige Richtung“, sagte sie. Rechtsexperten äußern allerdings Skepsis. Die Testpflicht bei einer Inzidenz von mehr als 100 sei klar in der sogenannten Bundes-Notbremse festgelegt, wendet der Greifswalder Verwaltungsrechtler Jost von Glasenapp ein. „Nur die Bundesregierung hat die Befugnis, das durch eine Rechtsverordnung dann anderweitig zu regeln.“ Die Länder hätten sich diese Zuständigkeit „leichtfertig aus der Hand nehmen lassen“.

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