Berlin befürchtet deutlich schlechtere Sicherheitslage in Afghanistan

Symbolbild: Bundeswehr
Symbolbild: Bundeswehr

Die Bundesregierung befürchtet nach Informationen des „Spiegel“ eine erhebliche Verschlechterung der Sicherheitslage in Afghanistan nach dem Abzug der internationalen Truppen. Wie der „Spiegel“ laut Vorabmeldung vom Donnerstag unter Berufung auf einen vertraulichen Bericht von Experten des Auswärtigen Amts und des Bundesverteidigungsministeriums berichtet, stellen sich die Experten für die kommenden Monate auf „eine weitere, erhebliche Verschlechterung der Sicherheitslage“ ein, sollte „keine Einigung mit den Taliban über Art, Umfang und verlängerte Dauer der Präsenz internationaler Streitkräfte“ erzielt werden.

Eine gemeinsame Delegation von Außen- und Verteidigungsministerium hatte dem Bericht zufolge Anfang März vier Tage lang die Lage in Kabul sondiert. In ihrem Bericht warnten die Experten demnach, dass internationale Organisationen in Afghanistan wieder vermehrt zum Ziel von Anschlägen werden könnten. Da der Einsatz der Bundeswehr früher als der anderer Nato-Partner verlängert worden sei, könne die deutsche Präsenz dabei „besonders in den Fokus geraten“.

Absolute „Worst-Case-Szenarien, wie zum Beispiel ein Bürgerkrieg mit Sturm auf Kabul“ und damit auch die Schließung der deutschen Botschaft seien „nicht völlig auszuschließen“, zitiert der „Siegel“ aus der Analyse. Ein „Landmarsch in ein Drittland“ sei in einem solchen Fall abwegig. Eine Evakuierung deutscher Staatsbürger müsse dann über den Flughafen von Kabul oder die US-Militärbasis Bagram nahe der Hauptstadt laufen.

Zwar habe die US-Botschaft angeboten, die deutschen Kollegen notfalls mit Hubschraubern auszufliegen, doch darauf solle sich die Bundesregierung besser nicht verlassen, warnen die Sicherheitsexperten dem „Spiegel“ zufolge. „Angesichts der hohen Anzahl eigener Schutzbefohlener“ sei zu vermuten, „dass die USA im Evakuierungsfall nur sehr eingeschränkt helfen können“. Die Experten empfehlen deshalb die Anmietung ziviler „Lufttransportkapazitäten“.

Wie der „Spiegel“ weiter aus dem Bericht zitiert, waren Mitte März 73 deutsche Staatsbürger offiziell in Afghanistan registriert. Allerdings gebe es eine hohe Dunkelziffer von Doppelstaatlern, die sich dauerhaft in Afghanistan aufhielten und im Krisenfall ebenfalls Hilfe benötigten.

Die Nato beginnt offiziell am 1. Mai mit dem vollständigen Truppenabzug aus Afghanistan. Der Abzug der internationalen Truppen, zu denen auch das Bundeswehrkontingent gehört, soll im Herbst abgeschlossen sein. Derzeit sind noch rund 1100 Bundeswehr-Soldaten in Afghanistan im Einsatz – Deutschland ist damit nach wie vor der zweitgrößte Truppensteller nach den USA.

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