Nach dem erbitterten Streit um die Ernennung der konservativen US-Verfassungsrichterin Amy Coney Barrett setzt Präsident Joe Biden eine Kommission für mögliche Reformen beim Obersten Gerichtshof ein. Die Expertengruppe soll unter anderem mögliche Änderungen bei der Zahl der Richter und der Dauer ihrer Amtszeit prüfen, erklärte das Weiße Haus am Freitag. Die Kommission mit 36 Mitgliedern soll in einem halben Jahr ihren Bericht vorlegen.
Dem mächtigen Gerichtshof in Washington kommt im Institutionengefüge der USA eine zentrale Rolle zu. Der Supreme Court entscheidet über die Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen und hat grundsätzlich bei juristischen Streitfragen das letzte Wort. Das umfasst auch höchst strittige Themen wie das Abtreibungsrecht, das Waffenrecht und potenziell auch Wahlen. Deswegen ist die politische Ausrichtung der Richter extrem wichtig.
Die neun Verfassungsrichter werden vom Präsidenten auf Lebenszeit ernannt und müssen dann vom Senat bestätigt werden. Das führt immer wieder zu heftigen parteipolitischen Auseinandersetzungen.
Bidens Vorgänger Donald Trump hatte kurz vor der Präsidentschaftswahl vom 3. November die konservative Juristin Barrett zur Verfassungsrichterin gemacht, nachdem die linksliberale Richterin Ruth Bader Ginsburg gestorben war. Damit wurde die konservative Mehrheit am Supreme Court auf sechs zu drei Richter vergrößert – und potenziell auf Jahre oder gar Jahrzehnte zementiert.
Die Demokraten hatten Trump vergeblich aufgefordert, den vakanten Posten nicht so kurz vor der Wahl zu besetzen. Einige demokratische Politiker drohten zudem eine Vergrößerung des Supreme Court bei einem Biden-Wahlsieg an. Dann könnte der neue Präsident durch die Ernennung neuer Richter eine liberale Mehrheit an dem Gerichtshof herstellen.
Biden schloss sich diesen Drohungen im Wahlkampf aber nicht an – und stellte vielmehr die Gründung einer Reformkommission in Aussicht. Am Freitag rief der Präsident diese Kommission per Dekret ins Leben.