Klimaschutz muss in Deutschland besser geregelt werden

Symbolbild: Klima
Symbolbild: Klima

Das Bundesverfassungsgericht hat das deutsche Klimaschutzgesetz in Teilen für verfassungswidrig erklärt. Es verletze die Freiheitsrechte junger Generationen, erklärte der Erste Senat in Karlsruhe am Donnerstag einstimmig. Knackpunkt ist die fehlende Regelung der Emissionsminderungen für die Jahre nach 2030. Die wichtigsten Fragen und Antworten:

WIE BEGRÜNDET DAS GERICHT SEINE ENTSCHEIDUNG?

Das Gericht ist der Meinung, dass die jungen Generationen in ihrer Freiheit eingeschränkt werden, wenn nicht festgelegt wird, wie Treibhausgasemissionen nach 2030 reduziert werden sollen. Das 2019 beschlossene Klimaschutzgesetz schreibt für jeden Sektor wie etwa Verkehr oder Energiewirtschaft einzeln fest, wie viele Emissionen bis 2030 ausgestoßen werden dürfen. Bis dahin soll der Ausstoß von Treibhausgasen um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 zurückgehen.

Regelungen für die Zeit danach gibt es nicht. Allerdings verpflichtete sich Deutschland, bis 2050 klimaneutral zu werden und im Pariser Abkommen mit unterzeichnet, dass die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad Celsius gegenüber der vorindustriellen Zeit begrenzt werden soll. Deswegen werden voraussichtlich weitere harte Maßnahmen notwendig sein. Das Klimaschutzgesetz verschiebe hohe Lasten für die Minderung der Emissionen unumkehrbar auf die Zeit nach 2030, argumentierte das Bundesverfassungsgericht.

Um die Klimaziele noch zu erreichen, müssten die dann noch notwendigen Minderungen immer dringender und kurzfristiger erbracht werden. Von diesen Pflichten sei praktisch jede Freiheit potenziell betroffen, weil fast alle Lebensbereiche mit der Emission von Treibhausgasen verbunden seien. Dass Treibhausgasemissionen gemindert werden müssten, folge aber auch aus dem Grundgesetz.

Der Gesetzgeber hätte darum nach Meinung der Karlsruher Richter Vorkehrungen treffen müssen, um die Lasten für die jüngeren Generationen abzumildern. Ein umfangreicher Verbrauch des Kohlendioxidbudgets schon bis 2030 verschärfe das Risiko schwerwiegender Freiheitseinbußen, erklärte das Gericht. Es dürfe nicht einer Generation zugestanden werden, unter vergleichsweise milder Reduktionslast große Teile des Budgets zu verbrauchen, wenn dadurch die Freiheit nachfolgender Generationen umfassend eingeschränkt würde. Einen Verstoß gegen das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit sah das Gericht dagegen nicht.

WER KLAGTE IN KARLSRUHE?

Es waren insgesamt vier Klagen. Die erste reichten 2018 der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, der Solarenergieförderverein Deutschland und mehrere Einzelkläger ein. 2020 folgten drei weitere Verfassungsbeschwerden von jungen Menschen aus Deutschland, Bangladesch und Nepal. Darunter waren beispielsweise Luisa Neubauer für Fridays for Future und Kinder aus Familien, die von der Landwirtschaft oder vom Tourismus leben.

Zwei der Klagen wurden unterstützt von der Deutschen Umwelthilfe, eine von Germanwatch, Greenpeace und Protect the Planet. Das Gericht erklärte am Donnerstag, dass die Umweltverbände selbst nicht beschwerdebefugt seien. Die Klagen der natürlichen Personen seien aber zulässig.

WELCHE FOLGEN HAT DIE ENTSCHEIDUNG?

Der Gesetzgeber muss bis Ende kommenden Jahres einen Fahrplan für die Emissionsreduzierung ab 2031 vorlegen. Mehrere Regierungsmitglieder kündigten bereits an, dass sie sich dafür einsetzen wollen, unter anderem Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD), Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD).

Die Umweltministerin will im Sommer Eckpunkte für ein neues Gesetz vorlegen. Von der FDP, den Grünen und der Linkspartei kamen Forderungen an die Bundesregierung, den Klimaschutz besser zu regeln.

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