Mit scharfen Worten hat die russische Regierung den Westen am Freitag vor einer Entsendung von Truppen in die Ukraine gewarnt. „Ein solches Szenario würde zweifellos zu einem weiteren Anstieg der Spannungen in der Nähe der russischen Grenzen führen“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Freitag vor Journalisten. „Natürlich würde dies zusätzliche Maßnahmen der russischen Seite erforderlich machen, um die russische Sicherheit zu gewährleisten.“
Peskow äußerte sich einen Tag, nachdem die Ukraine und die USA Moskau Drohgebärden vorgeworfen hatten. Nach Angaben des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj hat Russland zuletzt seine Truppenpräsenz an der Grenze zur Ukraine verstärkt. Der ukrainische Militärgeheimdienst beschuldigte die russische Armee, ihre Präsenz in den von den pro-russischen Rebellen kontrollierten Regionen Donezk und Luhansk ausweiten zu wollen.
Angesichts der Berichte äußerte sich Washington besorgt. US-Außenamtssprecher Ned Price verurteilte die „jüngste Eskalation des aggressiven und provokativen Vorgehens Russlands im Osten der Ukraine“ und warnte Moskau vor Versuchen, „unseren Partner Ukraine einzuschüchtern oder zu bedrohen“. Nach Angaben Kiews sagte US-Verteidigungsminister Lloyd Austin seinem ukrainischen Kollegen Andrej Taran in einem Telefonat zu, die Ukraine „im Falle einer eskalierenden russischen Aggression“ nicht allein zu lassen.
Am Freitag kündigte die russische Armee eine Anti-Drohnen-Übung in der Nähe der ukrainischen Grenze an. An dem Manöver würden 50 Bataillone mit insgesamt 15.000 Soldaten teilnehmen, erklärte die Armee, ohne den genauen Zeitpunkt für die Übung zu nennen. Die Teilnehmer des Manövers sollen demnach in „elektronischer Kriegsführung und der Flugabwehr zum Schutz vor Drohnenangriffen“ geschult werden.
In den vergangenen Jahren hat die russische Armee, die unter anderem in den Krieg in Syrien verwickelt ist, immer wieder Anti-Drohnen-Übungen organisiert. In der Regel nahmen dabei allerdings deutlich weniger Militärs teil als bei dem am Freitag angekündigten Manöver.
Peskow widersprach am Freitag dennoch der Darstellung Kiews und Washingtons, Moskau wolle das Nachbarland einschüchtern. „Russland bedroht niemanden und hat nie jemanden bedroht“, sagte er. Welche „Maßnahmen“ Moskau im Falle einer westlichen Truppenstationierung in der Ukraine genau ergreifen wolle, sagte der Kreml-Sprecher nicht.
Moskau und Kiew hatten sich in dieser Woche gegenseitig für die jüngste Zunahme der Gewalt im Ostukraine-Konflikt verantwortlich gemacht. Nach ukrainischen Angaben wurden seit Beginn des Jahres bei Angriffen prorussischer Rebellen 20 Soldaten getötet und 57 weitere verletzt. Der Chef des Generalstabs der ukrainischen Armee, Ruslan Chomtschak, sagte, derzeit befänden sich mehr als 2000 russische Militärausbilder und -berater in der Ostukraine.
Russland weist den Vorwurf zurück, es unterstütze die Rebellen in der Region militärisch. „Russland ist kein Teilnehmer des Konflikts“, bekräftigte Peskow am Freitag. Zugleich beschuldigte er die ukrainischen Streitkräfte, „zahlreiche“ Provokationen in der Region begangen zu haben.
Der russische Vize-Außenminister Andrej Rudenko bezeichnete Berichte, wonach Russland einen Angriff auf die Ukraine plane, als „falsch“. Russland habe „keinerlei Interesse an einem Konflikt mit der Ukraine, schon gar nicht einem militärischen“, sagte er der staatlichen Nachrichtenagentur Ria Nowosti.
Im seit 2014 andauernden Konflikt um die Ostukraine wurden mehr als 13.000 Menschen getötet. Im Juli vergangenen Jahres hatten sich die Konfliktparteien auf einen Waffenstillstand geeinigt. Seit Mitte Februar gibt es aber verstärkte Kampfhandlungen, die den ohnehin fragilen Waffenstillstand untergraben.