Landgericht lässt Anklage gegen Klinikmitarbeiter in Fall Högel nur teilweise zu

Justiz (über cozmo news)
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Das Landgericht im niedersächsischen Oldenburg hat eine Anklage gegen mehrere ehemalige Klinikverantwortliche wegen möglicher passiver Begünstigung der beispiellosen Mordserie des früheren Krankenpflegers Niels Högel nur sehr eingeschränkt zugelassen. Wie das Gericht am Dienstag mitteilte, hält es einen Prozess lediglich gegen vier frühere Vorgesetzte wegen drei Fällen von Beihilfe zum Totschlag durch Unterlassen für gerechtfertigt.

Die Staatsanwaltschaft hatte fünf frühere leitende Angestellte des Klinikums in Oldenburg wegen 63 Fällen fahrlässiger Tötung angeklagt. Davon entfielen drei auf das eigene Krankenhaus, die übrigen 60 bezogen sich aber auf Taten Högels an einer weiteren Klinik in Delmenhorst. Dorthin war der frühere Pfleger nach der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses in Oldenburg gewechselt.

Nach eigenen Angaben kam das Gericht aus juristischen Gründen zu einer anderen Ansicht als die Staatsanwaltschaft. Demnach scheidet eine mögliche Mitverantwortung der Beschuldigten für Taten Högels in Delmenhorst aus strafrechtlicher Sicht schon grundsätzlich aus, weil sie keine beruflichen Schutzpflichten gegenüber Patienten einer anderen Klinik hätten. Lediglich in Bezug auf die drei angeklagten Taten im eigenen Haus gelte dies.

Um fahrlässige Tötungen handle es sich nach ihrer Einschätzung dabei aber nicht, betonten die Richter. Das würde voraussetzen, dass die Beschuldigten sich die Verbrechen Högels „zu eigen machen“ wollten und daher im Rechtssinn als Täter anzusehen seien. Es bestehe aber nur der hinreichende Verdacht, dass sie die ihnen „eigentlich unerwünschten Taten“ unterstützt hätten, indem sie ihn aus Sorge vor Reputationsschäden gewähren ließen.

Entsprechend ließ das Gericht nur eine Hauptverhandlung wegen des Vorwurfs der Beihilfe zum Totschlag durch Unterlassen zu. Die Staatsanwaltschaft und die Nebenklagevertretung können gegen die Entscheidung allerdings auch noch eine Beschwerde einlegen.

Högel hatte zwischen 2000 und 2005 auf Intensivstationen der Krankenhäuser Oldenburg und Delmenhorst schwerkranke Patienten mit eigenmächtig verabreichten Medikamenten vergiftet, um sie wiederzubeleben. Viele starben. Högel wurde in drei Prozessen wegen des Tods von 91 Patienten verurteilt und verbüßt eine lebenslange Haft wegen Mordes. Zuletzt wurde er 2019 wegen 85 Morden verurteilt, die Entscheidung ist seit 2020 rechtskräftig.

Parallel zu den Prozessen und Ermittlungen gegen Högel klagte die Staatsanwaltschaft auch mehrere ehemalige Vorgesetzte des Pflegers an, darunter Klinikgeschäftsführer, Chefärzte sowie Pflegedienst- und Stationsleiter. Sie sollen trotz interner Verdachtsmomente nicht eingeschritten sein. Die Anklagen betreffen sowohl frühere und aktuelle Verantwortliche des Krankenhauses Delmenhorst als auch der Klinik in Oldenburg.

Die Prozesse gegen diese Beschuldigten wurden vom Landgericht zurückgestellt, bis das letzte Urteil gegen Högel rechtskräftig wurde. Er ist Hauptbelastungszeuge. Bis zu Rechtskraft seines eigenen Urteils kam ihm aber ein Zeugnisverweigerungsrecht zu.

Bereits bei der Zulassung der Anklagen gegen Verantwortliche des Klinikums Delmenhorst kam es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen Gericht und Staatsanwaltschaft. So lehnten die Richter 2018 die Eröffnung eines Verfahrens wegen fahrlässiger Tötung gegen eine ehemalige Stationsleiterin des Krankenhauses zunächst ab. Nach einer Beschwerde der Staatsanwaltschaft ließ das Oldenburger Oberlandesgericht diese aber doch noch zu.

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