Angesichts der steigenden Corona-Infektionszahlen und wachsender Belastung der Intensivstationen steuern Bund und Länder offensichtlich auf einen neuen, härteren Lockdown zu. Nach Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und anderen Spitzenpolitikern sprach sich am Montag auch NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) für einen solchen „Brücken-Lockdown“ aus. Er forderte dafür ein Vorziehen des nächsten Bund-Länder-Spitzengesprächs auf diese Woche.
Kontakte im privaten Bereich müssten weiter verringert werden, möglicherweise auch durch Ausgangsbeschränkungen in den Abend- und Nachtstunden, sagte Laschet beim Besuch eines Impfzentrums in Aachen. Zudem müsse man sich „fokussieren auf das Notwendige bei Kitas und Schulen“ und „wir müssen mehr machen beim Homeoffice“. Lockerungen etwa bei der Gastronomie schloss Laschet vorerst aus. Es gebe eine „Ausnahmesituation“, in der schnelles Handeln notwendig sei, begründete er den Wunsch nach einer Ministerpräsidentenkonferenz noch in dieser Woche.
„Geschieht nichts, werden die Zahlen weiter erheblich zunehmen“, warnte Laschet mit Blick auf die Zunahme der Corona-Infektionen. Man dürfe sich hier durch relativ niedrige Werte während der Feiertage nicht täuschen lassen. Der CDU-Chef verwies auch auf die wieder steigende Zahl von Corona-Infizierten auf Intensivstationen. Ein „Brücken-Lockdown“ müsse bei den Infektionen ein niedrigeres Niveau erreichen, das dann durch Testungen gehalten werden könne, bis mehr Menschen geimpft seien. „Für die letzten Meter brauchen wir noch einmal eine Kraftanstrengung“, forderte Laschet.
Auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) rief beim Besuch eines Impfzentrums in Berlin dazu auf, Kontakte, weiter zu verringern, „vor allem im privaten Bereich“, aber auch in den Schulen und bei der Arbeit. Wenn es gelinge, die Infektionszahlen wieder zu senken, dann hilft uns das Testen, eine Brücke zu bauen, bis das Impfen wirksam wird“, sagte auch er. Bereits vergangene Woche hatte Merkel zu strengeren Maßnahmen gemahnt – dabei hatte sie Laschet wegen der nur teilweisen Umsetzung vereinbarter Corona-„Notbremsen“ kritisiert.
„Die Lage ist sehr dramatisch, das Infektionsgeschehen muss eingedämmt werden, sagte der Präsident der Vereinigung der Intensivmediziner, Gernot Marx, bei dem Termin mit Laschet. Laut Divi-Intensivregister stieg die Zahl der Corona-Intensivpatientinnen und -patienten bis Montag auf 4144. Bald dürften es 5000 oder mehr werden, warnte Marx.
Zu der diskutierten Stärkung von Kompetenzen des Bundes beim Infektionsschutz äußerte sich Laschet grundsätzlich positiv, in der aktuellen Lage sei aber eine Entscheidung durch die Ministerpräsidentenkonferenz der schnellere Weg. Eine Bündelung von Kompetenzen beim Bund hatte Merkel vor gut einer Woche in der ARD-Sendung „Anne Will“ aus Unzufriedenheit über den Corona-Kurs einiger Bundesländer ins Gespräch gebracht.
„Es gibt die große Sehnsucht in der Bevölkerung nach einheitlichen Regeln“, sagte dazu über Ostern auch Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) der „Welt am Sonntag“. Er wies darauf hin, ein neues Bundesgesetz könne innerhalb weniger Tage verabschiedet werden.
Für eine vorübergehende Verschärfung der Corona-Regeln sprach sich auch der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) aus. „Wir sollten überlegen, ob ein erneuter kurzer, aber dafür konsequenter Lockdown nicht der bessere Weg wäre als ein halbherziges und dafür endloses Corona-Konzept“, sagte er der „Bild am Sonntag“.
Einen „radikalen Wellenbrecher“ verlangte in der „Welt“ (Dienstagsausgabe) Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt. Sie verwies besonders auf den Arbeitsbereich. Es sei schwer nachvollziehbar, wenn man abends Kontakte mit Freunden hart einschränke, aber tagsüber in Großraumbüros zusammenarbeiten müsse.