Steinmeier spricht von Corona-Pandemie als einer „dunklen Zeit“

Frank-Walter Steinmeier - Bild: Bundesregierung/Steffen Kugler
Frank-Walter Steinmeier - Bild: Bundesregierung/Steffen Kugler

Mit einer zentralen Gedenkveranstaltung haben die Spitzen des deutschen Staates am Sonntag der Verstorbenen der Corona-Pandemie gedacht. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, auf den die Initiative für das Gedenken zurückgeht, sprach in seiner Rede von einer „dunklen Zeit“. „Wir sind ermüdet von der Last der Pandemie, und wundgerieben im Streit um den richtigen Weg.“ Hinterbliebene von Verstorbenen waren Teil des Gedenkens, dem ein zentraler ökumenischer Gottesdienst in der Berliner Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche vorausging.

In Deutschland erkrankten seit Beginn der Pandemie mehr als 3,1 Millionen Menschen an Covid-19, rund 80.000 Menschen starben bisher an oder mit der Krankheit.

Wie der Bundespräsident sagte, sieht er noch nicht die Zeit gekommen, um Versäumnisse der Politik während der Pandemie aufzuarbeiten. „Sprechen wir über Schmerz und Leid und Wut. Aber verlieren wir uns nicht in Schuldzuweisungen, im Blick zurück, sondern sammeln wir noch einmal die Kraft für den Weg nach vorn, den Weg heraus aus der Pandemie, den wir gehen wollen und gehen werden, wenn wir ihn gemeinsam gehen“, sagte Steinmeier. Es dürfe nicht zugelassen werden, dass die Pandemie, die schon die Menschen zum Abstand zwinge, „uns auch noch als Gesellschaft auseinandertreibt“.

Sein Eindruck sei, dass sich die Gesellschaft nicht oft genug bewusst mache, dass hinter allen Zahlen Schicksale, Menschen stehen, sagte Steinmeier. „Ihr Leiden und ihr Sterben sind in der Öffentlichkeit oft unsichtbar geblieben. Eine Gesellschaft, die dieses Leid verdrängt, wird als ganze Schaden nehmen.“

Anwesend waren mit Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble, Bundeskanzlerin Angela Merkel, Bundesratspräsident Reiner Haseloff (alle CDU) und dem Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Stephan Harbarth, auch die Spitzen der weiteren deutschen Verfassungsorgane. Sie stellten als Zeichen der Anteilnahme zusammen mit Menschen Kerzen auf, die in der Pandemie Angehörige verloren haben.

Dem staatlichen Gedenken ging ein zentraler ökumenischer Gottesdienst in der Berliner Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche voraus, zu dem die großen Kirchen eingeladen hatten. In Zeiten der Trauer sei es umso wichtiger, nicht alleine zu sein, sagte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, in seiner Predigt.

Dabei nannte Bedford-Strohm die Krisenerfahrung der Pandemiezeit ein „Trauma unserer Seele“. „Wir werden viel Zeit brauchen, erst recht unsere Kinder, unsere Heranwachsenden, für die diese Krise die Ausdehnung einer gefühlten Ewigkeit hat.“

Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, sagte, Tod und Sterben seien in der Pandemie näher gerückt als zuvor. Von jetzt auf gleich müssten Patienten ins Krankenhaus, Abschiede seien holprig und überstürzt. „Dann oft kein Besuch, kein Sich-Aussprechen, kein Trösten in der Angst, kein vergewissernder Blick in die Augen, keine vertraute Hand.“ Verpasste Chancen seien einmalig, da gebe es kein zweites Mal. „Was hier alles fehlt, was einem an Nähe und Zuneigung geraubt wird durch die Pandemie, das verwundet die Seele.“

Auch der Vorsitzende des Islamkollegs Deutschland, Esnaf Begic, und die jüdische Kantorin Avital Gerstetter wirkten an dem Gottesdienst mit.

In dem Gottesdienst kamen auch von der Pandemie direkt betroffene Menschen zu Wort. Ein Mann berichtete, mit einer Covid-19-Erkrankung mehrere Wochen ohne eine Besuchsmöglichkeit für seine Frau und Tochter im Koma gelegen und dabei noch einen Herzinfarkt erlitten zu haben. „Mehrmals stand es spitz auf Knopf, aber ich habe überlebt.“

Ein Krankenpfleger berichtete, seit mehr als einem Jahr an Covid erkrankte Menschen zu betreuen. Während die Nachrichten die Zahlen transportierten, sehe er die Menschen hinter den Zahlen. „Ich liebe meinen Beruf, aber ich spreche wohl für viele, wenn ich sage, noch nie hat eine Herausforderung so viel Kraft verlangt.“

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