Belarussischer Exil-Oppositioneller nach „Notlandung“ seines Flugzeugs in Minsk festgenommen

Eilmeldung des Nürnberger Blatt
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Die Festnahme eines belarussischen Exil-Oppositionellen nach einer erzwungenen Notlandung seines Flugzeugs in Minsk hat in der EU scharfe Proteste ausgelöst. Nach Angaben der belarussischen Behörden wich die Maschine am Sonntag auf dem Weg nach Litauen wegen einer „Bombendrohung“ von ihrem Kurs ab. Machthaber Alexander Lukaschenko befahl demnach einem Kampfjet, die Maschine abzufangen. Am Flughafen von Minsk wurde dann der Regierungskritiker und Journalist Roman Protasewitsch festgenommen, wie der Oppositionskanal Nexta berichtete.

Der Ryanair-Flug mit dem ehemaligen Nexta-Chefredakteur an Bord war auf dem Weg von Athen nach Litauen, als die Maschine in die belarussische Hauptstadt umgeleitet wurde. Die belarussische Präsidentschaft bestätigte, dass ein Kampfflugzeug vom Typ MiG-29 aufgestiegen sei, um das Flugzeug abzufangen.

Nach der Notlandung sei bei einer Überprüfung des Flugzeugs keine Bombe gefunden worden, berichtete Nexta in Online-Plattformen weiter. Es seien „alle Passagiere zu einer weiteren Sicherheitskontrolle geschickt“ worden. Unter ihnen habe sich auch Protasewitsch befunden. „Er wurde festgenommen.“

Die Aktion sorgte in der EU und vielen ihrer Mitgliedstaaten, darunter auch Deutschland, für Empörung. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell forderte die sofortige Freigabe der Ryanair-Maschine. „Alle Passagiere müssen ihre Reise umgehend fortsetzen können“ schrieb Borrell auf Twitter und verlangte damit ausdrücklich auch die Freilassung von Protasewitsch. Ähnlich äußerte sich EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auf Twitter. Sie fügte hinzu: „Jeder Verstoß gegen die internationalen Luftverkehrsregeln muss Konsequenzen nach sich ziehen.“

Frankreichs Außenminister Minister Jean-Yves Le Drian forderte eine „entschlossene und vereinte Reaktion“ der 27 EU-Staaten. Der Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Miguel Berger, verlangte von Minsk eine „sofortige Erklärung“ für die Aktion. Der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki sprach von einem „Akt des Staatsterrorismus“.

Litauens Präsident Gitanas Nauseda sprach von einer „abscheulichen Aktion“ der Regierung von Machthaber Lukaschenko. „Ein beispielloser Vorgang! Eine zivile Passagiermaschine auf dem Weg nach Vilnius wurde zur Landung in Minsk gezwungen“, schrieb er auf Twitter. Der britische Außenminister Dominic Raab erklärte, die „haarsträubende Aktion von Lukaschenko wird ernste Auswirkungen haben“.

Die in Litauen im Exil lebende Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja prangerte die Festnahme ihres Mitstreiters ebenfalls an. Die Regierung von Belarus habe die Landung der Maschine mit Protasewitsch an Bord „erzwungen“, schrieb sie auf Twitter. Ihm drohe nun die Todesstrafe in seinem Heimatland. Die belarussischen Behörden hatten den 26-jährigen Lukaschenko-Gegner im vergangenen November auf die Liste der „an terroristischen Aktivitäten beteiligten Personen“ gesetzt.

Laut Nexta hatte Protasewitsch bereits vor dem Einstieg in das Flugzeug berichtet, dass er verfolgt werde. Nach Angaben des derzeitigen Chefredakteurs Tadeusz Gicsan waren Agenten des russischen Sicherheitsdienstes KGB an Bord der Ryanair-Maschine.

„Als das Flugzeug in den belarussischen Luftraum einflog, begannen KGB-Offiziere ein Gerangel mit dem Ryanair-Personal“, berichtete er. Sie hätten behauptet, an Bord sei eine Bombe. Nach den Informationen der auf die Flugverfolgung spezialisierten Internetseite Flightradar24 wurde die Boeing über belarussischem Gebiet, kurz vor der Grenze zu Litauen, abgefangen. Eine Sprecherin der litauischen Flughäfen bestätigte AFP, dass der Flughafen von Minsk in einer ersten Erklärung von einem Streit zwischen Passagieren und der Besatzung gesprochen habe.

Über Nexta waren nach der von massiven Betrugsvorwürfen begleiteten Präsidentschaftswahl in Belarus im vergangenen August hunderttausende Demonstranten mobilisiert worden. Die monatelang andauernden Proteste hatten sich später abgeschwächt.

Die Sicherheitskräfte waren gewaltsam gegen die Demonstranten vorgegangen, mehrere Demonstranten wurden getötet, es gab Massenfestnahmen und Folter von Inhaftierten. Mehr als 400 Demonstranten wurden zu Haftstrafen verurteilt.

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