Forderungen nach US-Polizeireform am ersten Jahrestag der Tötung von George Floyd

Polizei - Bild: 3happytails via Twenty20
Polizei - Bild: 3happytails via Twenty20

Am ersten Jahrestag der Tötung des Afroamerikaners George Floyd haben Angehörige und Politiker nachdrücklich eine umfassende Polizeireform gefordert. „Wenn Bundesgesetze zum Schutz eines Vogels, des Weißkopf-Seeadlers, beschlossen werden können, dann können auch Bundesgesetze zum Schutz von People of Color beschlossen werden“, sagte Floyds Bruder Philonise am Dienstag nach einem Treffen mit Präsident Joe Biden. Auch Biden selbst drängte den Kongress, rasch eine nach Floyd benannte Polizeireform zu verabschieden.

„Wir müssen handeln“, erklärte der Präsident nach seinem Treffen mit der Floyd-Familie im Weißen Haus. „Für echten Wandel brauchen wir eine Rechenschaftspflicht, wenn Polizisten gegen ihren Amtseid verstoßen.“ Nach dem Repräsentantenhaus müsse auch der Senat für das Reformvorhaben stimmen, das der Polizei unter anderem Würgegriffe verbieten und eine weitgehende zivilrechtliche Immunität von Beamten bei Fehlverhalten einschränken würde.

Biden sagte, er setze auf eine Einigung zwischen seinen Demokraten und den oppositionellen Republikanern, die sich gegen eine weitgehende Reform stemmen. „Ich hoffe, dass sie schnell ein Gesetz (zur Unterschrift) auf meinen Schreibtisch schicken.“

Zugleich würdigte Biden in einer Erklärung den „außerordentlichen Mut“ der Familie Floyd. Der Präsident hob dabei insbesondere Floyds kleine Tochter Gianna hervor.

In einer Reihe von US-Städten wurde am Dienstag an Floyds Tötung am 25. Mai 2020 in Minneapolis durch den weißen Polizisten Derek Chauvin erinnert. In New York ging Bürgermeister Bill de Blasio zusammen mit dem Bürgerrechtsaktivisten Al Sharpton neun Minuten und 29 Sekunden lang auf die Knie. So lange hatte Chauvin dem wegen Falschgeldverdachts festgenommenen Floyd sein Knie in den Nacken gedrückt, obwohl dieser wiederholt klagte, er bekomme keine Luft mehr.

In Minneapolis wurde die Erinnerung durch Schüsse nahe des Ortes überschattet, an dem Floyd getötet worden war. Auf einem Video waren mehr als zwei Dutzend Schüsse zu hören, Menschen rannten weg und gingen hinter Autos in Deckung. Die Polizei erklärte, kurz nach den Schüssen sei ein Verletzter in einem Krankenhaus erschienen. Die Hintergründe waren zunächst unklar.

Floyds auf einem Handyvideo festgehaltener Tod hatte international für Entsetzen gesorgt und in den USA landesweite Proteste gegen Rassismus und Polizeigewalt gegen Schwarze ausgelöst. Der nach Floyds Tötung entlassene Polizist Chauvin wurde am 20. April wegen Mordes zweiten Grades und zwei weiteren Anklagepunkten verurteilt. Das Strafmaß gegen den 45-Jährigen soll am 25. Juni verkündet werden.

„Die Verurteilung (…) des Polizisten, der George ermordet hat, war ein weiterer wichtiger Schritt hin zu Gerechtigkeit“, erklärte Biden am Dienstag. „Aber unser Fortschritt kann dort nicht aufhören.“

Der Präsident hatte das Ziel ausgerufen, die „George Floyd Justice in Policing Act“ genannte Polizeireform bis zum ersten Jahrestag von Floyds Tod zu verabschieden. Das Ziel wurde aber verfehlt. Das Repräsentantenhaus hatte bereits im vergangenen Jahr und dann erneut im März für das Gesetz gestimmt. Im Senat, wo die Demokraten nur über eine hauchdünne Mehrheit verfügen, hängt der Text aber fest.

Bei den Republikanern gibt es große Widerstände gegen die Reform. Die Partei des früheren Präsidenten Donald Trump argumentiert unter anderem, die Reform würde die Polizei schwächen. Die demokratische Abgeordnete Karen Bass versprach, die Arbeit an einem Kompromiss werde fortgesetzt: „Wir werden solange weiterarbeiten, bis wir den Job erledigt haben.“

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