Giffey tritt wegen Doktorarbeit als Bundesfamilienministerin zurück

Franziska Giffey - Bild: SPD Berlin
Franziska Giffey - Bild: SPD Berlin

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) tritt wegen des anhaltenden Wirbels um ihre Doktorarbeit zurück. Trotz der Plagiatsvorwürfe will sie aber Spitzendkandidatin der Berliner SPD für die Wahl zum Abgeordnetenhaus im Herbst bleiben. Giffey bat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in der Kabinettssitzung am Mittwochmorgen um die Entlassung. Die Regierungschefin sagte, sie nehme den Rücktritt „mit großem Respekt“, aber auch „mit ebenso großem Bedauern“ entgegen.

„In den letzten Tagen sind erneut Diskussionen um meine Dissertation aus dem Jahr 2010 aufgekommen“, erklärte Giffey zu ihrem Rücktritt. Auch wenn sie selbst weiterhin zu ihrer Aussage stehe, „dass ich meine Arbeit nach bestem Wissen und Gewissen geschrieben habe“, ziehe sie die Konsequenzen „aus dem andauernden und belastenden Verfahren“.

In einem laufenden Prüfverfahren der Freien Universität (FU) Berlin geht es um mögliche Plagiate Giffeys in ihrer Dissertation. Anfang Mai hatte die Hochschule mitgeteilt, der Bericht des Prüfgremiums liege vor, Giffey sei nun die Möglichkeit zu einer Stellungnahme binnen vier Wochen eingeräumt worden.

An ihrer Spitzenkandidatur für die SPD zur Berliner Abgeordnetenhauswahl im September will Giffey  festhalten. Sie konzentriere sich nun auf diese „Herzenssache“, erklärte sie.

Wie es mit ihrem Ministerium weitergeht, ist offen. Die SPD will Giffeys Posten nach AFP-Informationen bis zur Bundestagswahl nicht nachbesetzen. Mehrere Medien berichteten, kommissarisch solle Bundesjustizministerin Christine Lambrecht die Leitung des Familienressorts übernehmen.

Vizeregierungssprecherin Martina Fietz sagte in Berlin, es sei noch nichts entschieden. Auch einen Termin für die Entlassung Giffeys durch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier konnte Fietz nicht nennen.

Vizekanzler und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz sagte im Bundestag, er bedauere Giffeys Entscheidung sehr. Diese habe „eine riesige Erfolgsbilanz als Ministerin“. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) erklärte, Giffey habe „unheimlich viel erreicht“. Er bedaure ihren Rücktritt, habe aber „hohen Respekt“ vor ihrer Entscheidung.

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich sagte Giffey die Unterstützung der Bundestagswahl im Berliner Wahlkampf zu. „Weil sie Größe bewiesen und eben auch Wort gehalten hat, werden ihr das die Menschen mit Sicherheit auch hier in Berlin danken“, sagte er. Giffeys politische Karriere sei nicht zu Ende, sie verlagere sich jetzt nur in die Berliner Landespolitik.

SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil sagte dem Portal „t-online.de“, Giffey fahre mit dem Rücktritt „einen gradlinigen und klaren Kurs und unterscheidet sich damit deutlich von vielen anderen, die mit Schwurbeleien und Aussitzen auf schwierige Situationen reagieren“.

Auch der Koalitionspartner würdigte Giffeys Arbeit. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sagte der „Süddeutschen Zeitung“ (Donnerstagsausgabe), Giffey sei eine „feine Kollegin“ gewesen, die viel bewirkt habe. „Unsere Zusammenarbeit war ausgesprochen gut.“ In „Promotionsfragen“ gebe es allerdings „seit Jahren einen Standard, dem sich kein Politiker bei Betroffenheit entziehen kann“.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Donnerstagsausgaben), er habe die Ministerin „immer sehr engagiert und sachorientiert erlebt“. Persönlich schätze er „ihre optimistische und immer zugewandte Art“.

Oppositionspolitikerinnen warnte vor einem Führungsvakuum im Familienministerium. „Die Bundeskanzlerin muss nun schnell für klare Verhältnisse sorgen und die Spitze des Familienministeriums neu besetzen“, erklärte FDP-Fraktionsvize Katja Suding. „Angesichts der immensen sozialen und psychischen Folgen der Corona-Pandemie für unsere Kinder muss das Familienministerium handlungsfähig sein.“

Die Grünen-Familienpolitikerin Ekin Deligöz schrieb auf Twitter, mitten in der Pandemie mit Kindern und Familien „als Hauptleidtragenden“ brauche es ein starkes Ministerium. Giffey hätte früher den Weg für eine Nachfolge freizumachen sollen.

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