In Hongkong hat das China-treue Parlament eine radikale Wahlrechtsänderung beschlossen, mit der sich Peking weitgehende Kontrolle über die Parlamentswahlen in der Sonderverwaltungszone verschafft. 40 Abgeordnete stimmten am Donnerstag für das von China vorgegebene, neue Wahlgesetz, zwei Abgeordnete stimmten dagegen. Die Gesetzesänderung erschwert es Oppositionskandidaten, ins Parlament einzuziehen.
Das neue Wahlgesetz war im März von Chinas Präsident Xi Jinping unterzeichnet worden. Es ist der jüngste Schritt Pekings zur Unterdrückung der pro-demokratischen Hongkonger Opposition. Erstmals angewandt werden soll das neue Wahlrecht bei der Parlamentswahl im Dezember.
Das neue Wahlrecht sieht vor, dass eine große Mehrheit der Abgeordneten von einem Peking-treuen Komitee ausgewählt wird. Jeder Kandidat wird künftig von der nationalen Sicherheit überprüft. Zudem verkleinert sich die Zahl direkt gewählter Kandidaten von 35 auf 20. Die Zahl der Sitze im Parlament wird dagegen von 70 auf 90 angehoben.
„Die Änderungen werden die ausgewogene und geordnete politische Beteiligung in Hongkong erweitern“, erklärte der für Verfassungsangelegenheiten zuständige Minister in der Sonderverwaltungszone, Erick Tsang, am Donnerstag. Sie schützten die „grundlegenden Interessen“ Hongkongs. Gegner der Änderungen ließen „das Chaos“ der vergangenen Jahre außer Acht.
Gegen den wachsenden Einfluss Pekings hatte es in Hongkong 2019 monatelange Massenproteste gegeben. Als Reaktion darauf erließ die chinesische Führung im vergangenen Jahr das umstrittene sogenannte Sicherheitsgesetz, das den Behörden in Hongkong ein hartes Vorgehen gegen alle Aktivitäten erlaubt, die nach ihrer Auffassung die nationale Sicherheit Chinas bedrohen. Mehr als 100 bekannte pro-demokratische Aktivisten wurden auf Grundlage des Gesetzes seither festgenommen, darunter auch oppositionelle Abgeordnete.
Die nun besiegelten Wahlrechtsänderungen waren bereits im März im Ausland scharf verurteilt worden. Nach dem grünen Licht des Volkskongresses für das neue Wahlrecht Mitte März hatten die EU und die USA eine eklatante Verletzung der Autonomierechte Hongkongs beklagt, die der früheren britischen Kronkolonie bei ihrer Übergabe an China 1997 zugesichert worden waren.