In Israel deutet sich Regierungsbündnis unter Ausschluss Netanjahus an

Benjamin Netanjahu - Bild: kmu.gov.ua, CC BY 4.0, via Wikimedia Commons
Benjamin Netanjahu - Bild: kmu.gov.ua, CC BY 4.0, via Wikimedia Commons

In Israel deutet sich ein Regierungsbündnis unter Ausschluss des langjährigen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu an. Wenige Tage vor Ablauf der Frist für Oppositionsführer Jair Lapid zur Regierungsbildung waren die Gegner Netanjahus am Sonntag in letzten Verhandlungen über eine Zusammenarbeit. So hat der liberale Lapid dem nationalistischen Hardliner Naftali Bennett von der Jamina-Partei eine Partnerschaft mit rotierenden Ministerpräsidenten unter Einschluss mehrerer Parteien angeboten, die dieser laut Presseberichten annehmen will.

In diesem von der israelischen Presse als Block für den Wandel bezeichneten Bündnis soll der 49-jährige Bennett in einem Wechselmodell zunächst den Posten des Regierungschefs übernehmen. Der zunehmend isolierte Netanjahu, der wegen Korruption vor Gericht steht, forderte Ex-Verteidigungsminister Bennett und den ehemaligen Likud-Politiker Gideon Saar am Sonntag im Kurzbotschaftendienst Twitter auf, „sofort“ in Gespräche mit ihm über ein Dreier-Wechselmodell an der Regierungsspitze einzutreten. Ansonsten drohe Israel eine gefährliche „linksgerichtete“ Allianz.

Saar von der Partei Neue Hoffnung konterte die Aufforderung seines ehemaligen Parteifreundes bei Twitter mit den Worten: „Unsere Haltung und unser Engagement war und ist: die Ablösung der Netanjahu-Regierung“. Der mittlerweile 71-jährige Netanjahu kam 1996 erstmals für drei Jahre an die Macht, seit 2009 ist er durchgängig Ministerpräsident.

Bennett traf sich am Sonntag mit den Spitzen seiner Partei und erhielt laut Berichten israelischer Medien deren Zustimmung, sich Lapid in einer „Regierung des Wandels“ anzuschließen. Für den Abend beraumte Bennett eine Pressekonferenz an. Netanjahu wollte nach Angaben seiner Likud-Partei anschließend ebenfalls vor die Presse treten.

Lapids sogenanntem Bündnis für den Wandel würde auch die Liste Blau-Weiß von Netanjahus einstigem Regierungspartner Benny Gantz angehören. Hinzu kämen die laizistisch-nationalistische Partei Israel Beitenu (Unser Haus Israel) von Ex-Verteidigungsminister Avigdor Lieberman sowie die Arbeitspartei und die linksgerichtete Meretz-Partei. Auch wäre eine solche Regierung auf Unterstützung von arabischen Israelis angewiesen, die dem 57-jährigen ehemaligen TV-Journalisten Lapid positiv gegenüberstehen, nicht aber einem möglichen Ministerpräsidenten Bennett.

Trotz der teilweise extrem gegensätzlichen Positionen der einzelnen Partner sah die Politikwissenschaftlerin Gajil Talschir von der Hebräischen Universität Israel „näher als je zuvor“ an einem solchen Bündnis. Es könnte noch am Sonntag oder am Montag verkündet werden, sagte Talschir.

Lapids liberale Partei Jesch Atid (Es gibt eine Zukunft) war bei der Wahl im März, der vierten innerhalb von zwei Jahren, zweitstärkste Kraft geworden. Netanjahus Likud-Partei war mit 30 von 120 Parlamentssitzen stärkste Kraft geworden, verfehlte die absolute Mehrheit von 61 Sitzen aber deutlich. Ein Versuch zur Regierungsbildung scheiterte, daraufhin beauftragte Präsident Reuven Rivlin Lapid mit der Regierungsbildung. Die Frist läuft am Mittwochabend ab.

Netanjahu hatte eigentlich angestrebt, ein Bündnis mit Bennetts religiös-nationalistischer Partei Jamina und der weit rechts stehenden Partei Religiöser Zionismus zu schmieden. Um auf die für eine Mehrheit in der Knesset nötigen 61 Sitze zu kommen, wollte er zusätzlich die konservative islamische Raam-Partei ins Boot holen. Die Partei Religiöser Zionismus schloss eine Zusammenarbeit mit den arabischen Israelis aber kategorisch aus.

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