Nach Massenversammlungen während des Regionalwahlkampfs in Westbengalen verzeichnet der ostindische Bundesstaat einen dramatischen Anstieg an Neuinfektionen mit dem Coronavirus – nun haben die Behörden die Reißleine gezogen und einen zweiwöchigen Lockdown verhängt. Alle Büros und Geschäfte müssten schließen, auch der öffentliche Verkehr werde eingestellt, hieß es am Samstag. Die westbengalischen Behörden meldeten 21.000 Corona-Neuinfektionen, Kliniken berichteten von dramatischer Überfüllung.
An Wahlkampfveranstaltungen im Beisein von Indiens Premierminister Narendra Modi hatten in Westbengalen im März und April zehntausende Menschen teilgenommen. Modis hindu-nationalistische Partei BJP hatte bei der Regionalwahl auf einen Sieg in dem wichtigen Bundesstaat gehofft, scheiterte schließlich aber daran, die langjährige Regionalregierungschefin Mamata Banerjee aus dem Amt zu jagen. Auch Banerjee sprach während des Wahlkampfs vor großen Menschenmengen. Am Freitag erlag ihr Bruder einer Covid-19-Erkrankung.
Die Corona-Lage in Indien ist seit Wochen dramatisch. Am Samstag stieg die Zahl der landesweit registrierten Infektionen auf fast 25 Millionen. 265.000 Menschen auf dem Subkontinent sind bereits im Zusammenhang mit Covid-19 gestorben. Für die verheerende Situation wird eine besonders ansteckende Corona-Variante verantwortlich gemacht. Experten führen die Lage aber auch auf Massenveranstaltungen zurück. Den Wahlkampf in Westbengalen bezeichneten Kritiker als „Super-Spreader“-Ereignis.
Viele indische Krankenhäuser sind angesichts der Situation völlig überlastet. Im bei Strand-Urlaubern beliebten Bundesstaat Goa starben nach Angaben einer Oppositionspartei in den vergangenen vier Tagen mehr als 70 Menschen aufgrund von Sauerstoff-Engpässen in Kliniken. Um weitere Todesfälle zu verhindern, ordnete ein Gericht die Notversorgung des Goa Medical College Hospitals mit Sauerstoff an.