EU-Ratspräsident Charles Michel hat die Staats- und Regierungschefs aufgefordert, bei ihrem Gipfel am Montagabend eine Entscheidung über Sanktionen gegen Belarus zu treffen. Die erzwungene Landung eines Ryanair-Flugzeuges am Sonntag sei ein „internationaler Skandal“ und „nicht akzeptabel“, sagte Michel vor Gipfelbeginn in Brüssel. Es würden deshalb „verschiedene Optionen“ zu Sanktionen vorbereitet. „Ich hoffe, dass wir heute Abend Entscheidungen dazu treffen können“, sagte der Gipfel-Organisator.
Belarus hatte am Sonntag eine Ryanair-Maschine auf dem Weg von Athen nach Vilnius unter dem Vorwand einer Bombendrohung und mit einem Kampfjet zur Zwischenlandung in Minsk gezwungen. Dort wurden der in Polen lebende Oppositionelle Roman Protasewitsch und seine aus Russland stammende Freundin festgenommen.
Litauen hat als Reaktion ab Dienstag den Überflug des belarussischen Luftraums für alle Flugzeuge untersagt, die in dem baltischen Staat starten oder landen. Präsident Gitanas Nauseda hatte am Sonntag bereits ein ähnliches Vorgehen der gesamten EU vorgeschlagen. Demnach solle der litauische Luftraum als „unsicher“ eingestuft werden. Alle EU-Staaten sollten zudem ihre Flughäfen für belarussische Flugzeuge sperren.
EU-Justizkommissar Didier Reynders sagte zu einem möglichen Flugverbot für europäische Maschinen über Belarus, die EU müsse nach diesem Verstoß gegen internationales Bestimmungen „Druck auf das Regime ausüben“. Es müsse aber abgewartet werden, ob ein Überflugverbot über eine koordinierte Entscheidung auf europäischer Ebene oder auf nationaler Ebene möglich sein werde.
Die Staats- und Regierungschefs kommen am Abend zu einem zweitägigen Gipfel in Brüssel zusammen (19.00 Uhr). Auf der Tagesordnung stehen am Montag außenpolitische Themen. Neben Belarus geht es um die jüngsten Spannungen mit Russland, das Verhältnis zu Großbritannien nach dem Brexit und die Vorbereitung des Gipfels mit US-Präsident Joe Biden Mitte Juni.
Italiens Regierungschef Mario Draghi will angesichts steigender Ankunftszahlen von Flüchtlingen zudem über das Thema Migration reden. Auch die jüngste Eskalation im Nahost-Konflikt dürfte Thema sein. Am Dienstag geht es dann um den Kurs in der Klimapolitik und in der Corona-Pandemie.