Prozess um Autoattacke in nordhessischem Volkmarsen in Kassel begonnen

Justitia - Bild: axel.bueckert via Twenty20
Justitia - Bild: axel.bueckert via Twenty20

Mehr als ein Jahr nach der Autoattacke auf den Rosenmontagszug im nordhessischen Volkmarsen hat am Montag vor dem Landgericht Kassel der Prozess gegen den mutmaßlichen Täter begonnen. Zum Prozessauftakt wurde zunächst die Anklage verlesen. Dem 30-jährigen Maurice P. werden 91-facher versuchter Mord, gefährliche Körperverletzung in 90 Fällen und gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr vorgeworfen. Bis heute ist sein Motiv unklar.

Er soll am 24. Februar 2020 sein Auto absichtlich und ungebremst in die Menge gesteuert haben. Sein Ziel sei es laut Anklage gewesen, Menschen zu töten. Auf einem Straßenabschnitt von 42 Metern habe der Mann Menschen erfasst. Die Tat löste großes Entsetzen aus, denn unter den Opfern befanden sich auch zahlreiche Kinder. Die jüngsten davon waren laut Anklage zum Tatzeitpunkt drei Jahre alt. Laut Generalstaatsanwaltschaft kommt eine Sicherungsverwahrung für P. in Betracht.

Mit 50 bis 60 Stundenkilometern soll der damals 29-jährige P. aus Volkmarsen sein Auto in die Zuschauer gefahren haben. Alle weiteren Karnevalsumzüge in Hessen wurden nach der Tat abgesagt. Generalstaatsanwalt Tobias Wipplinger warf P. am Montag vor, heimtückisch und mit gemeingefährlichen Mitteln gehandelt zu haben.

Zu einem unbekannten Zeitpunkt im Vorfeld der Tat habe er aus unbekannten Motiven beschlossen, auf dem Rosenmontagszug in Volkmarsen eine „Vielzahl von Menschen zu töten“. Bei der Fahrt habe er „derart beschleunigt, dass die Reifen quietschten“. Menschen seien durch die Luft geschleudert, einige Kinder seien unter dem Auto mitgeschleift worden.

Obwohl P. sich nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft nie zu den Vorwürfen äußerte, sind die Ermittler von einer geplanten Tat überzeugt. Laut der 172-seitigen Anklageschrift soll der Beschuldigte sein Auto am Vortag des Rosenmontagsumzugs so geparkt haben, dass ihm eine Einfahrt in den abgesperrten Bereich der Veranstaltung möglich war. Außerdem habe er eine Dashcam in sein Auto eingebaut, um die spätere Tat zu filmen. Der Tatverdächtige soll weder unter dem Einfluss von Alkohol noch von Medikamenten oder Drogen gestanden haben.

Das Auto sei nach 42 Metern zum Stehen gekommen. Zeugen hätten die Türen des Autos geöffnet, um eine Weiterfahrt zu verhindern. P. habe eine Frau gewürgt, um sie davon abzuhalten, den Zündschlüssel abzuziehen. Letztlich sei P. aus dem Auto gezogen und bis zu seiner Festnahme festgehalten worden. Seine Verteidigung kündigte am Montag an, dass er von seinem Schweigerecht Gebrauch machen werde.

Als erster Zeuge war am Montag ein Polizist geladen, der zufällig ein Video von der Tat erstellt hatte. Nach eigenen Angaben filmt er seit Jahren in seiner Freizeit den Karnevalsumzug in der Stadt. Wie die Ermittler ging er nicht von einem Unfall aus. „Zu dem Zeitpunkt, als er um die Absperrung gefahren ist, hätte er noch gefahrlos abbremsen können“, sagte er. Das Gericht zeigte einen Ausschnitt des Videos, in dem zu sehen ist, wie das Auto in die Menschenmenge fährt.

Wegen der Corona-Pandemie und dem hohen öffentlichen Interesse findet der Prozess an den ersten Verhandlungstagen zunächst in einer Halle der Messe in Kassel statt. Am Mittwoch sind am zweiten Verhandlungstag acht Zeugen und ein Sachverständiger geladen. Bis Mitte Dezember sind zunächst noch 30 weitere Prozesstage vorgesehen.

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