Der sächsische Verfassungsschutz stuft die fremdenfeindliche Pegida-Bewegung ab sofort als „erwiesen extremistische Bestrebung“ ein. Pegida sei inzwischen ein „wesentlicher, nicht mehr hinwegzudenkender Bestandteil der rechtsextremistischen Szene“, teilte das Landesamt für Verfassungsschutz am Freitag in Dresden mit. Es gebe hinreichende Erkenntnisse, dass sich Pegida im Lauf der Jahre zu einer verfassungsfeindlichen Bewegung entwickelt habe. Damit werden nun Protagonisten aus dem Umfeld beobachtet.
Die Bewegung habe zwar anfänglich noch ein „heterogenes Publikum“ angezogen, sich im Lauf der Jahre aber eine „immer stärkere rechtsextremistische Ausrichtung gegeben“, hieß es weiter. Die „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (Pegida) hätten sich über Jahre ideologisch wie verbal immer weiter radikalisiert. Das führen die Verfassungsschützer vor allem darauf zurück, dass Rechtsextremisten die Pegida-Versammlungen als Organisatoren, Redner und Netzwerker ganz wesentlich beeinflussten.
„In aller Öffentlichkeit werden unverhohlen Positionen propagiert, die mit dem Wertekanon des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland inkompatibel sind“, erklärte der Verfassungsschutz. Dazu gehöre, „dass der Parlamentarismus permanent verächtlich gemacht und das Rechtsstaatsprinzip abgelehnt werden“. Dazu kämen regelmäßig Beiträge mit juden-, muslim- und minderheitenfeindlichen Inhalten.
Nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden zielt die Strategie von Pegida darauf ab, mit rechtsextremistischem Gedankengut immer tiefer in die Mitte der Gesellschaft einzudringen. „Indem Pegida bekannten Rechtsextremisten regelmäßig eine öffentliche Agitationsplattform bietet, um verfassungsfeindliche Positionen und Ideologien propagieren zu können, fungiert diese Bewegung wie ein ‚Scharnier‘ zwischen Extremisten und Nichtextremisten“, erklärte Verfassungsschutzchef Dirk-Martin Christian. Dies sei eine „ernstzunehmende Gefahr“ für die freiheitlich-demokratische Grundordnung.
Die Beobachtung durch den Verfassungsschutz richtet sich nun gegen den Pegida-Förderverein sowie sämtliche extremistischen Protagonisten und Aktivitäten in seinem Umfeld. Nicht beobachtet würden hingegen „friedliche Teilnehmer“ der Pegida-Demonstrationen, die von ihrem Grundrecht der freien Meinungsäußerung Gebrauch machten.
Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) nannte die Einstufung von Pegida als extremistisch „längst überfällig“. Dort würden in aller Öffentlichkeit „rechtsextremistische Aussagen getroffen, die mit den Werten unseres Grundgesetzes nicht vereinbar sind“, erklärte er.
Kerstin Köditz, Sprecherin der Linksfraktion für antifaschistische Politik im sächsischen Landtag, erklärte, der Verfassungsschutz sei nach sechs Jahren eindringlichen Mahnens „endlich wachgeworden“. Der innenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, Albrecht Pallas, nannte die Entscheidung folgerichtig. „Seit Jahren ist zu beobachten, dass sich bei Pegida Menschen radikalisieren und andere zu rassistischen Straftaten motivieren.“
Die islam- und fremdenfeindliche Pegida-Bewegung wurde im Oktober 2014 von Lutz Bachmann gegründet, der heute noch einer der Köpfe der Bewegung ist. Seitdem gehen deren Anhänger regelmäßig montags in Dresden auf die Straße, um Stimmung gegen Muslime, Flüchtlinge, Politiker und Medien zu machen.
Den größten Zulauf hatte Pegida in den Anfangsjahren, im Januar 2015 nahmen 25.000 Menschen an einem Pegida-Aufmarsch teil. Inzwischen versammelt sich meist nur noch ein harter Kern von einigen hundert Anhängern. Am Montag traf sich Pegida nach eigenen Angaben zum 230. Mal.
Zunehmend öffnete sich Pegida auch für die AfD und Rechtsextreme. So traten AfD-Rechtsaußen Björn Höcke und der Rechtsextremist und frühere AfD-Politiker Andreas Kalbitz ebenso bei Pegida auf wie etwa Vertreter der rechtsextremen Identitären Bewegung. Im Lauf der Jahre gab es immer wieder Ermittlungen gegen Redner und Teilnehmer der Pegida-Kundgebungen, unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung, Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und Volksverhetzung.