Sanktionen gegen die Minsker Machtclique und staatsnahe Unternehmen

Alexander Lukaschenko - Bild: Serge Serebro, Vitebsk Popular News / CC BY-SA
Alexander Lukaschenko - Bild: Serge Serebro, Vitebsk Popular News / CC BY-SA

Die erzwungene Landung einer Ryanair-Maschine in Belarus und die Festnahme eines bekannten Exil-Oppositionellen hat in der EU für Empörung gesorgt. Beim EU-Gipfel am Montagabend wollen die Staats- und Regierungschefs über Konsequenzen beraten. Wegen der umstrittenen Präsidentschaftswahl vom August 2020 sind bereits eine Reihe von EU-Sanktionen in Kraft. Der langjährige Machthaber Alexander Lukaschenko ließ sich davon aber bisher nicht beeindrucken.

Umstrittene Präsidentschaftswahl

Der seit 1994 regierende Lukaschenko hatte die Wahl vom 9. August nach offiziellen Angaben mit 80 Prozent der Stimmen gewonnen. Die Opposition warf dem zweieinhalb Jahrzehnte regierenden Präsidenten Wahlbetrug vor. Gegen daraufhin folgende Massendemonstrationen ließ Lukaschenko seine Sicherheitskräfte mit brutaler Gewalt vorgehen. Tausende Menschen wurden festgenommen.

EU braucht Monate für erste Sanktionen

Die EU erkannte Lukaschenkos Wiederwahl nicht an. Schon im August beschlossen die EU-Außenminister im Grundsatz Sanktionen. Doch es folgte eine monatelange Hängepartie. Zypern verhinderte einen notwendigen einstimmigen Beschluss, weil es gleichzeitig neue Strafmaßnahmen gegen die Türkei wegen Erdgasbohrungen im Mittelmeer forderte. Erst im Oktober wurde deshalb ein erstes Sanktionspaket verabschiedet. Es richtete sich gegen 40 Verantwortliche für Wahlbetrug und Gewalt gegen Demonstranten.

Auch Lukaschenko kommt auf die Sanktionsliste

Angesichts der anhaltenden Gewalt gegen Demonstranten beschloss die EU im November ein zweites Sanktionspaket. Es traf Lukaschenko selbst, seinen Sohn Viktor sowie 13 hochrangige Vertreter des Staates und der Sicherheitskräfte. Wie schon bei den anderen Betroffenen wurde ihnen die Einreise in die Europäische Union fortan untersagt, mögliche Konten in der EU wurden eingefroren.

EU geht gegen Unternehmen und Wirtschaftsbosse vor

Ein drittes Sanktionspaket vom Dezember umfasste auch zwei Lukaschenko nahestehende Unternehmensbosse: den Eigentümer der Amhodor-Holding, Alexander Schakutsin, und Mikalai Warabei, Miteigentümer der Bremino-Gruppe. Erstmals wurden auch sieben Unternehmen auf die Sanktionsliste gesetzt: Sie sind in den Bereichen Rüstung, Immobilien, Videoüberwachung, Polizeifahrzeuge und -ausrüstung tätig. EU-Firmen wurden fortan Geschäfte mit ihnen untersagt.

Keine Wirkung

Bis heute hat die EU damit 88 Belarussen und sieben staatsnahe Unternehmen mit Sanktionen belegt. Zu einem Kurswechsel brachte dies Lukaschenko nicht. „Wenn man keine engen wirtschaftlichen Beziehung zu einem Land hat, gibt es wenig Optionen“, sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell im Dezember der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Die EU wolle schließlich nicht die gesamte Bevölkerung des Landes bestrafen. Also bleibe nur das Mittel der Diplomatie.

Weitere Sanktionen für Juni bereits in Vorbereitung

Schon vor dem Ryanair-Vorfall war dennoch bereits ein viertes Sanktionspaket der EU in Arbeit. Es zielt laut Diplomaten auf rund 40 weitere Verantwortliche für das Vorgehen gegen die Opposition. Geplant war eine Verhängung im Juni. Unabhängig von der Präsidentschaftswahl gilt zudem schon seit einem Jahrzehnt ein Waffenembargo gegen Belarus und ein Exportverbot für Güter, die zur Unterdrückung der Bevölkerung verwendet werden können.

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