SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz setzt ungeachtet schwacher Umfragewerte auf ein gutes Abschneiden der SPD bei der Bundestagswahl. Er selbst will dabei besonders mit seiner Regierungserfahrung punkten: „Ich war schon lange jemand, der in der deutschen Bundesregierung oder als Chef eines der Länder in Deutschland, rausgekriegt hat, wie das geht, zu regieren“, sagte Scholz am Freitag dem RBB-Inforadio.
Scholz soll an diesem Sonntag auf einem digitalen SPD-Bundesparteitag offiziell als Kanzlerkandidat seiner Partei bestätigt werden. Dort soll auch das Wahlprogramm der Partei beschlossen werden. Angesichts der sich abzeichnenden Verschärfung der deutschen Klimaziele soll im SPD-„Zukunftsprogramm“ dieses Kapitel am Samstag noch einmal nachgeschärft werden. „Klima passen wir nochmal an“, sagte Generalsekretär Lars Klingbeil vorab.
Scholz sprach mit Blick auf das Programm im RBB von „guten Plänen“, die die SPD entwickelt habe. „Und das alles zusammen kann am Ende den Ausschlag geben, wenn die Wählerinnen und Wähler in der Wahlkabine sich überlegen, wo sie das Kreuz machen“, äußerte er sich optimistisch.
Klingbeil sagte im ZDF, er erwarte in den nächsten Monaten eine starke Zuspitzung auf die Spitzenkandidatinnen und -kandidaten der Parteien. Deutschland werde „einen Wahlkampf erleben, bei dem drei Personen klar im Mittelpunkt stehen“, Armin Laschet (CDU), Annalena Baerbock (Grüne) und eben Scholz.
Auch Klingbeil sprach von „sehr guten Chancen“ für den SPD-Kandidaten. Der frühere Hamburger Bürgermeister und jetzige Vizekanzler sei „erfahrungsstark“ und „entscheidungsstark“. Wenn die Wähler entschieden, wer das Land in einer innen- und außenpolitisch schwierigen Zeit führen solle, werde dies eine große Rolle spielen, hob der Generalsekretär hervor. Die SPD sei außerdem derzeit sehr geschlossen.
Dagegen bezeichnete Klingbeil die Union wegen ihrer internen Streitigkeiten sowie der Affären um Maskengeschäfte als „kaputt“. Zudem kritisierte er das Antreten des CDU-Rechtsaußen Hans-Georg Maaßen als Direktkandidat für den Bundestag als „Öffnung der Tür nach rechts“. Die Grünen wiederum bezeichnete der SPD-Generalsekretär als „politischen Scheinriesen“, deren politische Arbeit in den Ländern etwa beim Klimaschutz oft hinter den Ankündigungen zurückbleibe.
Ein anderes Auftreten von Scholz forderte allerdings der schleswig-holsteinische SPD-Politiker Ralf Stegner. „Man braucht ein Stück Sympathie, und man braucht ein Stück Aggressivität“, sagte er dem „Spiegel“. Scholz brauche zudem dringend ein Team an seiner Seite.
In den Umfragen verharrt die SPD seit längerem bei Werten um die 15 Prozent. In dem am Donnerstagabend veröffentlichten jüngsten ARD-„Deutschlandtrend“ sowie am Freitag im ZDF-„Politbarometer“ kam die Partei jeweils nur auf 14 Prozent. Die Sozialdemokraten lagen damit in beiden Umfragen um rund zehn Prozentpunkte hinter der CDU/CSU und den derzeit führenden Grünen.
Bei dem SPD-Parteitag werden wegen der Corona-Pandemie nur einige Spitzenpolitikerinnen und -politiker sowie technisches Personal am Veranstaltungsort im City Cube in Berlin anwesend sein. Alle übrigen Beteiligten, insbesondere die Delegierten, werden digital zugeschaltet. Wie bereits bei der Benennung ihres Kanzlerkandidaten setzt die SPD auch beim Programm auf einen zeitlichen Vorsprung vor Union und Grünen, die darüber erst später entscheiden.