Das Oberlandesgericht (OLG) von Thüringen hat am Mittwoch eine juristisch höchst umstrittene Entscheidung eines Weimarer Familienrichters zur Maskenpflicht in zwei örtlichen Schulen aufgehoben. Es fehle in der Angelegenheit schlichtweg an einer „Regelungskompetenz“ des Familiengerichts, teilte das OLG in Jena mit. Für die Prüfung der Gesundheitsschutzmaßnahmen an Schulen seien Verwaltungsgerichte zuständig. (Az. 1 UF 136/21)
Die Richter gaben einer Beschwerde des Bildungsministeriums in Erfurt gegen die Entscheidung des Familienrichters vom April statt. Da eine Überweisung des Falls an ein Verwaltungsgericht formal nicht möglich ist, stellten sie das gesamte Verfahren ein und hoben das Urteil des Familiengerichts offiziell auf. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Falls ließen sie aber eine mögliche Rechtsbeschwerde beim Bundesgerichtshof zu.
Ein Familienrichter am Weimarer Amtsgericht hatte unter Verweis auf eine angebliche Kindeswohlgefährdung eine Aussetzung der Maskenpflicht und anderer Schutzmaßnahmen an zwei Schulen angeordnet, wobei er sich auf einen Passus im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) stützte. Das Urteil und die von dem Juristen für sich reklamierte Zuständigkeit lösten Verwunderung aus. Gegen den Mann wird inzwischen wegen Rechtsbeugung ermittelt.
In der Folge waren auch an anderen Amtsgerichten in anderen Bundesländern entsprechende Anträge von Eltern eingereicht worden. Die dortigen Richter lehnten die Einleitung von Verfahren aber unter Verweis auf die rechtlich eindeutige Zuständigkeitslage ab. Sie betonten, dass ausschließlich Verwaltungsgerichte über schulinterne Maßnahmen entschieden.
Schon vor etwa einem Monat hatte auch das Verwaltungsgericht in Weimar die Entscheidung des Familienrichters als rechtswidrig eingestuft und die Maskenpflicht während des Schulunterrichts grundsätzlich bestätigt. Damit war jedoch noch keine Aufhebung des Urteils verbunden. Diese erfolgte nun durch das OLG. Dieses entschied nach eigenen Angaben vom Mittwoch, dass der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten in dem Fall generell möglich sei.
Der Familienrichter am Amtsgericht hätte vor einer Entscheidung in der Sache zunächst darüber befinden müssen, ob er überhaupt zuständig sei, betonte das OLG. Auch der von dem Mann bemühte Passus des BGB zu Zwangsanordnungen bei Kindeswohlgefährdungen gegenüber „Dritten“ greife in diesem Zusammenhang nicht. Der Begriff beziehe sich eben gerade nicht auf Behörden und andere Träger von staatlicher Gewalt. Im Schulrecht gelte ohnehin ein „Sonderstatusverhältnis“, das Behörden an das Kindeswohl binde.