Ungarn hat eine Verurteilung der Wahlrechtsreform in Hongkong durch die EU-Außenminister verhindert. Das Land habe sich als einziger Mitgliedstaat kategorisch gegen das Vorhaben ausgesprochen, erfuhr die Nachrichtenagentur AFP aus EU-Kreisen am Donnerstag. Dadurch könne die Erklärung nicht wie geplant beim EU-Außenministertreffen am Montag in Brüssel veröffentlicht werden. Hierzu wäre wie immer in der EU-Außenpolitik ein einstimmiger Beschluss der Mitgliedstaaten nötig.
EU-Vertreter betrachten vor diesem Hintergrund seit Jahren mit Sorge, dass China über Wirtschaftsprojekte versucht, seinen Einfluss auf Mitgliedstaaten in Ost- und Südeuropa auszudehnen. Über seine „Neue Seidenstraßen“-Initiative bietet Peking Ländern wie Ungarn dabei Unterstützung bei teuren Infrastrukturprojekten an. Als erste EU-Regierung beschloss Budapest im Februar auch, bisher in Europa nicht zugelassene Corona-Impfstoffe aus China einzusetzen.
Chinas Führung hatte die umstrittene Wahlrechtsreform für Hongkong Ende März endgültig verabschiedet. Durch sie erhält Peking die Kontrolle über die Kandidaten-Auswahl bei Parlamentswahlen in Hongkong und kann bestimmte Bewerber ausschließen. EU-Vertreter kritisierten die Reform zwar als eklatante Verletzung der Autonomierechte Hongkongs. Eine gemeinsame Verurteilung der Mitgliedstaaten nach dem Beschluss der Reform gibt es aber bisher nicht.
Das Verhältnis zwischen der EU und China hat sich in den vergangenen Wochen deutlich verschlechtert. Nach EU-Strafmaßnahmen gegen Partei- und Regionalvertreter der Provinz Xinjiang wegen des Vorgehens gegen die muslimische Minderheit der Uiguren reagierte Peking mit Gegensanktionen. Ziel waren EU-Abgeordnete und europäische Wissenschaftler. Die EU legte daraufhin diese Woche die Ratifizierung des geplanten Investitionsabkommens mit China durch das Europaparlament auf Eis.