Verfassungsgericht fordert Klarheit bei „Verständigung“ in Strafprozess

Justitia - Bild: axel.bueckert via Twenty20
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Lassen sich Angeklagte in einem Strafprozess auf eine sogenannte Verständigung mit dem Gericht ein, müssen sie Klarheit und Sicherheit haben. Das ist zum Schutz der Angeklagten erforderlich, wie das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe in einem am Donnerstag veröffentlichten Beschluss entschied. Daher müsse die Staatsanwaltschaft der Verständigung ausdrücklich zustimmen, eine stillschweigende Zustimmung reiche nicht aus. (Az: 2 BvR 1543/20)

In Strafprozessen streben Gerichte eine Verständigung häufig dann an, wenn die Sachlage weitgehend klar erscheint, eine wasserdichte Beweisführung aber aufwändig und schwer. Meist im Tausch gegen ein Geständnis können die Gerichte dann eine Obergrenze für das Strafmaß zusichern. Laut Gesetz muss die Staatsanwaltschaft dem zustimmen.

Im Streitfall wurde der Angeklagte wegen bandenmäßigen Drogenhandels zu sechs Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Dem Urteil war eine Verständigung zwischen Angeklagtem und Gericht vorausgegangen. Die Staatsanwaltschaft äußerte sich aber nicht dazu. Der Bundesgerichtshof ließ die Verständigung dennoch gelten, weil im weiteren Verfahren auch die Staatsanwaltschaft von der Gültigkeit der Verständigung ausgegangen sei und so indirekt zugestimmt habe.

Vor dem Bundesverfassungsgericht focht der Angeklagte dies an. Die Verständigung sei unwirksam gewesen und sein Geständnis daher nicht verwertbar.

Aus formalen Gründen hatte die Beschwerde keinen Erfolg. Inhaltlich stimmten die Karlsruher Richter der Kritik aber zu. Eine klare Zustimmung der Staatsanwaltschaft sei zum Schutz des Angeklagten erforderlich, zudem für die öffentliche Kontrolle des Verfahrens. Eine „konkludente“, also schweigende Zustimmung der Staatsanwaltschaft erst im weiteren Verfahrensverlauf nach dem Geständnis reiche dafür nicht aus.

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