EU-Parlament fordert vorübergehende Aussetzung der Patente für Corona-Impfstoffe

Impfstoff - Bild: alinabuzunova via Twenty20
Impfstoff - Bild: alinabuzunova via Twenty20

Das Europaparlament hat eine vorübergehende Aussetzung der Patente für Corona-Impfstoffe gefordert, um Versorgungsengpässe in ärmeren Ländern zu beseitigen. In einer Entschließung verlangten die Abgeordneten am Donnerstag, dazu Verhandlungen in der Welthandelsorganisation WTO aufzunehmen. Gleichzeitig betonte das Parlament, der beste Weg seien freiwillige Lizenzvereinbarungen der Hersteller mit einer Weitergabe von Technologie und Fachwissen zur Produktion der Impfstoffe.

Die Forderung nach einer Aussetzung des Patentschutzes war auch im Parlament umstritten. 355 Abgeordnete stimmten für die Resolution, 263 dagegen und 71 enthielten sich. Der ursprüngliche Entschließungstext enthielt keine Forderung zur vorübergehenden Aussetzung der Patente. Angenommene Änderungsanträge von Linken und Grünen sorgten dafür, dass die Forderung Teil der Entschließung wurde.

Die deutschen CDU/CSU-Abgeordneten stimmten gegen die Entschließung. Grüne, Linke und SPD stimmten dafür. Eine Aussetzung der Patente würde „die bewährte Anreizstruktur für Forschungsfinanzierung zerstören“, erklärte der CDU-Abgeordnete Sven Simon.

Die Grünen forderten neben der EU-Kommission auch die Bundesregierung auf, sich für eine Aussetzung einzusetzen. Berlin und Brüssel müssten „endlich aus der Blockadeecke herauskommen“, erklärte die Grünen-Europaabgeordnete Anna Cavazzini. Der Linken-Abgeordnete Helmut Scholz verwies darauf, dass die Impfquote in Afrika bisher nur bei 0,8 Prozent liege. „Eine Pandemie kann nur dann erfolgreich bekämpft werden, wenn sie global, zeitgleich und umfassend bewältigt wird.“

Nachdem auch die US-Regierung eine Aussetzung des Patentschutzes vorgeschlagen hatte, ging EU-Ratspräsident Charles Michel davon aus, dass das Thema auch beim G7-Gipfel in Cornwall besprochen wird. „Eine Patentaussetzung scheint gut zu klingen“, sagte er. „Aber sie ist keine Wunderwaffe.“ Das sogenannte Trips-Abkommen zu Patentschutz in der WTO biete bereits Möglichkeiten der Flexibilität. Die EU setzte dabei auf Instrumente wie freiwillige Lizenzvereinbarungen.

Das Parlament forderte zudem, dass die USA und Großbritannien „sofort“ ihre Exportverbote für Impfstoff aufheben. Auch die EU müsse Beschränkungen weiter lockern. Die Abgeordneten unterstützten auch die internationale Covax-Initiative als wichtigen Beitrag, um ärmeren Ländern Impfstoff bereitzustellen. Sie verwiesen darauf, dass elf Milliarden Dosen benötigt werden, um 70 Prozent der Weltbevölkerung zu impfen.

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