Die deutliche Mehrheit der Ostdeutschen kann sich mit der Demokratie als Idee identifizieren, viele fühlen sich jedoch von der politischen Teilhabe ausgeschlossen. Das ist das Ergebnis einer Studie des Else-Frenkel-Brunswik-Instituts der Universität Leipzig, die am Mittwoch veröffentlicht wurde. Die Mehrheit der Befragten gab demnach an, sich ohne politischen Einfluss zu fühlen.
Die Identifikation als Ostdeutsche sei hoch, die Bilanz der Wende durchwachsen: „Ein Viertel fühlt sich als Verlierer der Wende, nicht mal die Hälfte möchte sich als Gewinner bezeichnen“, sagte Oliver Decker, einer der beiden Studienleiter. „Rückblickend ist die Zufriedenheit unter den Befragten mit ihrem Leben in der DDR hoch.“ Die Befragung ergab außerdem eine hohe Zustimmung zu rechtsextremen Aussagen in den ostdeutschen Bundesländern.
Chauvinistische und ausländerfeindliche Aussagen würden nur von einer Minderheit der Befragten abgelehnt, so die Projektleiter. Elemente der Neo-NS-Ideologie würden zwar nicht im selben Maße offen geäußert, antisemitische und sozialdarwinistische Statements fänden aber ebenfalls Zustimmung – ein Drittel der Bevölkerung stimme ihnen vollständig oder teilweise zu. Ausgeprägt sei die Zustimmung in den Bundesländern Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.
„Hier ist damit das Potential für extrem-rechte und neonazistische Parteien, Wähler zu finden, besonders hoch“, sagte der andere Studienleiter Elmar Brähler. „Jeder Zweite wünscht sich eine `starke Partei`, die die `Volksgemeinschaft` insgesamt verkörpert. Statt pluralistischer Interessenvielfalt wird eine völkische Gemeinschaft gewünscht.“
Die Zufriedenheit mit der Demokratie, wie sie im Alltag funktioniert, ist der Befragung zufolge schwach ausgeprägt. Nicht einmal die Hälfte der Bevölkerung finde sich in ihr wieder. Diese Ergebnisse zeigten, dass extrem-rechte Parteien mit ihren ideologischen Angeboten zahlreiche Anknüpfungspunkte in die Breite der Bevölkerung haben.
„Konsequenterweise finden sich unter den Anhängern der AfD auch die meisten Menschen mit rechtsextremen Einstellungen“, heißt es. Seit 2002 werden von den Studienleitern mit den „Leipziger Autoritarismus Studien“ Erhebungen zur politischen Einstellung in Deutschland durchgeführt. Für die am Mittwoch vorgestellte Studie wurden 3.546 Menschen aus den ostdeutschen Bundesländern befragt.