Das sich für das kommende Jahr abzeichnende Milliarden-Defizit der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) alarmiert Kassen und Arbeitgeber gleichermaßen. Der Fehlbetrag könne sich „eher am oberen als am unteren Ende der befürchteten Skala bewegen“, sagte die Vorständin des Dachverbands der Betriebskrankenkassen (BKK), Anne Klemm, dem „Handelsblatt“. Verantwortlich könnten unter anderem mögliche Kosten für Reformen von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sein, etwa für die Notfallversorgung und Kliniken.
Bislang gehen die Krankenkassen von einer Lücke zwischen 3,5 und sieben Milliarden Euro im Jahr 2024 aus. „Ich befürchte, dass wir dann eher bei sieben Milliarden Euro herauskommen werden“, sagte Klemm. Zudem gebe es „durch die Konjunktur und steigende Arbeitslosigkeiten große Risiken für die Einnahmen“ der Kassen, warnte sie.
Ohne politische Maßnahmen müsste der durchschnittliche Zusatzbeitrag 2024 dann um 0,4 Prozentpunkte steigen. Das zeigt auch aus einer BKK-Analyse hervor, über die das „Handelsblatt“ berichtet und das vorläufige und noch unveröffentlichte Finanzergebnis der GKV für das zweite Quartal 2023 enthält: Für Versicherte und deren Arbeitgeber würde dies eine Mehrbelastung von jeweils mehr als drei Milliarden Euro bedeuten. Die steigenden Beiträge nannte Klemm eine „Bankrotterklärung der Bundesregierung“.
Der gesundheitspolitische Sprecher der FDP, Andrew Ullmann, rief Minister Lauterbach angesichts der steigenden Beiträge zu Reformen auf: „Jedwede Beitragserhöhungen sind kein Beitrag zu einer nachhaltigen Finanzierung“, sagte er dem „Handelsblatt“ „Ich erwarte, dass wir nach langem Warten einen konstruktiven Vorschlag des Ministers bekommen.“ Auch die Wirtschaft blickt zunehmend fassungslos auf die steigenden Sozialabgaben. „Der angekündigte weitere Anstieg des Zusatzbeitrags ist die traurige Konsequenz des fehlenden Willens des Gesundheitsministeriums, die gesetzliche Krankenversicherung zu reformieren und damit die Spirale ständig steigender Beitragssätze zu stoppen“, sagte Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger dem „Handelsblatt“.
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