Im Fall George Floyd ist gegen den weißen Ex-Polizisten Derek Chauvin und drei seiner damaligen Kollegen jetzt auch Anklage auf Bundesebene erhoben worden. Wie das US-Justizministerium am Freitag mitteilte, wird den vier Männern eine Verletzung von Floyds in der Verfassung verankerten Bürgerrechten zur Last gelegt. Es handelt sich um ein separates Verfahren von jenem auf Ebene des Bundesstaates Minnesota, in dem Chauvin bereits verurteilt wurde.
Im ersten Anklagepunkt einer sogenannten Grand Jury auf Bundesebene wird Chauvin vorgeworfen, Floyds Recht verletzt zu haben, keine „unverhältnismäßige Gewalt durch einen Polizisten“ erleiden zu müssen. Die Verletzung dieses Rechts habe zum Tod des Afroamerikaners am 25. Mai 2020 in Minneapolis geführt. Chauvin hatte dem festgenommenen Floyd neuneinhalb Minuten lang das Knie in den Nacken gedrückt, obwohl der 46-Jährige wiederholt beklagte, keine Luft zu bekommen.
Im zweiten Anklagepunkt wird den an Floyds Festnahme beteiligten Ex-Polizisten Tou Thao und Alexander Kueng vorgeworfen, Chauvin nicht gestoppt zu haben. Im dritten Anklagepunkt wird den drei Ex-Polizisten und ihrem ebenfalls an der Festnahme beteiligten Kollegen Thomas Lane schließlich zur Last gelegt, dem bewusstlosen Floyd keine erste Hilfe geleistet zu haben.
Gegen Chauvin wurde zudem eine weitere Anklage auf Bundesebene erhoben: Dem 45-Jährigen wird vorgeworfen, 2017 einen Teenager am Hals gepackt und ihm mit einer Taschenlampe wiederholt auf den Kopf geschlagen zu haben.
In den USA können Straftaten Ermittlungen auf Landesebene und zugleich auf Bundesebene nach sich ziehen. Bei den Ermittlungen auf Landesebene geht es um Verstöße gegen das Strafrecht eines Bundesstaates; bei den Ermittlungen auf Bundesebene um Verstöße gegen in der Verfassung verankerte Rechte. Entsprechend kann es mehrere Prozesse und zusätzliche Strafen geben.
In dem Prozess auf Landesebene war Chauvin am 20. April in allen drei Anklagepunkten schuldig gesprochen worden, darunter Mord zweiten Grades. Das Strafmaß soll am 25. Juni verkündet werden, dem 45-jährigen Chauvin droht eine langjährige Haftstrafe. Sein Anwalt hat allerdings verlangt, das Verfahren neu aufzurollen. Der Prozess gegen die drei anderen Ex-Polizisten in Minneapolis ist für August geplant.
Floyds auf einem Handyvideo festgehaltener Tod hatte weltweit für Entsetzen gesorgt. Er löste in den USA landesweite Proteste gegen Rassismus und Polizeigewalt gegen Schwarze aus.