Viereinhalb Monate vor der Bundestagswahl hat sich die SPD auf einem Online-Parteitag für den Wahlkampf in Stellung gebracht. Die Delegierten beschlossen am Sonntag das Wahlprogramm und bestätigten Bundesfinanzminister Olaf Scholz als Kanzlerkandidaten. Er bekräftigte seinen Anspruch, die nächste Bundesregierung zu führen. „Ich bewerbe mich für das Amt des Bundeskanzlers, weil ich überzeugt bin: Ich kann das.“ In ihrem Programm macht die SPD neben sozialer Gerechtigkeit den Klimaschutz zu ihrem Schwerpunkt.
Scholz wurde mit 96,2 Prozent der Stimmen nominiert, das Programm wurde mit gut 99 Prozent gebilligt. Die SPD grenzte sich auf dem Parteitag von der Union ab, kritisierte aber auch die Grünen. CDU und CSU seien „verantwortlich für den Fortschrittsstau“, sagte Scholz. Daher wäre eine weitere von der Union geführte Regierung „ein Risiko für Wohlstand und Arbeitsplätze“ und „ein Standortrisiko für unser Land“. Umgekehrt hielt den Grünen vor, praktische Fortschritte zu vernachlässigen. „Große Ziele allein“ reichten nicht.
Er wolle an der Spitze einer „breiten Allianz für neuen Fortschritt“ stehen, betonte Scholz, ohne sich auf konkrete Koalitionsoptionen festzulegen. Für seine eigene Politik nannte der Kanzlerkandidat vier Zukunftsmissionen: Mobilität, Klimaschutz, Digitalisierung und Gesundheit. Beim Klimaschutz müsse Schluss sein „mit Zaudern und Klein-Klein“. „Wir wollen Klimaneutralität bis spätestens 2045 erreichen“, versicherte er weiter.
Der Vizekanzler warb für eine Gesellschaft des gegenseitigen Respekts. Es gehe gerade nach der Pandemie um „Perspektiven für die junge Generation“, aber auch um „die Anerkennung von Lebensleistung durch eine sichere Rente; mit einem verlässlichen und stabilen Rentenniveau“. Steuerlich wolle er eine Politik, die kleine und mittlere Einkommen entlaste „und die zugleich Millionäre und Milliardäre stärker für die Finanzierung von öffentlichen Aufgaben heranzieht“.
In den Meinungsumfragen liegt die SPD derzeit weit abgeschlagen hinter Union und Grünen. „Jetzt geht es los mit der Aufholjagd“, gab sich Generalsekretär Lars Klingbeil zum Abschluss der Beratungen kämpferisch. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer rief die SPD auf, Scholz den „Rückenwind“ zu geben, „den er braucht“.
Nach Überzeugung von SPD-Chef Norbert Walter-Borjans steht die SPD geschlossen hinter ihrem Kanzlerkandidaten. „Er ist der, der Kanzler kann und der in der bewegten Zeit, in der wir stehen, der Richtige ist.“ Ko-Chefin Saskia Esken sagte, bei der Bundestagswahl am 26. September gehe es um eine „Richtungsentscheidung“ zwischen einer konservativen oder einer progressiven Politik. SPD-Vize Kevin Kühnert sagte: „Wir brauchen keine CDU/CSU in der Bundesregierung, die stehen nur auf der Bremse.“
Im Wahlprogramm bekennt sich die SPD beim Klimaschutz zu dem Ziel, bis 2030 den CO2-Ausstoß um 65 Prozent zu senken und bis spätestens 2045 Klimaneutralität zu erreichen. Bundesumweltministerin Svenja Schulze sagte, die Klimaziele seien ambitioniert, aber zu schaffen. Wichtig für die SPD sei, soziale Gerechtigkeit und Klimaschutz zusammenzubringen.
Das viel kritisierte Hartz-IV-System will die SPD durch ein Bürgergeld ersetzen. In der Altersversorgung soll ein Rentenniveau von mindestens 48 Prozent dauerhaft gesichert werden. Die Mietpreisbremse will die SPD entfristen. Für die große Mehrheit der Bevölkerung will die SPD Steuern senken, für sehr Reiche aber Steuern erhöhen, auch durch die Wiedererhebung der Vermögensteuer. .