Hoffen auf Gerechtigkeit nach Air-France-Absturz mit 228 Toten

Justitia (über izzet ugutmen / shutterstock.com)
Justitia (über izzet ugutmen / shutterstock.com)

Fast zwölf Jahre nach dem Absturz von Air-France-Flug AF447 von Rio de Janeiro nach Paris mit 228 Toten hoffen die Hinterbliebenen auf Gerechtigkeit: Das Pariser Berufungsgericht ordnete am Mittwoch einen Strafprozess wegen „fahrlässiger Tötung“ gegen Air France und den Flugzeughersteller Airbus an. Auch 28 Deutsche waren am 1. Juni 2009 ums Leben gekommen, als die Maschine über dem Atlantik in ein schweres Gewitter geriet und die Piloten die Kontrolle verloren. Ein Hinterbliebenen-Verband sprach von einer „gewaltigen Genugtuung“.

Die französische Generalstaatsanwaltschaft hält es für erwiesen, dass Air France die Piloten trotz mehrerer Zwischenfälle nicht ausreichend auf technische Mängel bei dem Airbus A330 hingewiesen hatte. In mehr als 11.000 Metern Höhe vereisten die Sensoren, so dass die Piloten keine Angaben zur Geschwindigkeit der Maschine mehr hatten. Das Flugzeug stürzte mitten über dem Atlantik ab. 216 Passagiere und zwölf Besatzungsmitglieder kamen ums Leben.

Der Hinterbliebenen-Verband Entraide et Solidarité AF447 (Gegenseitige Hilfe und Solidarität AF447) begrüßte die Entscheidung des Pariser Berufungsgerichts: „Wir haben das Gefühl, endlich von der Justiz gehört zu werden“, sagte die Vorsitzende Danièle Lamy. „Das ist eine gewaltige Genugtuung.“ Bei der Gerichtsverkündung brachen einige der anwesenden Hinterbliebenen in Tränen aus.

Ob es wirklich zu einem Prozess kommt, ist noch offen: Die Anwälte von Airbus nannten die Prozessanordnung „ungerechtfertigt“ und kündigten Rechtsmittel beim französischen Kassationsgericht an. „Air France bestreitet, einen strafrechtlich relevanten Fehler gemacht zu haben, der zu diesem furchtbaren Unglück geführt hat“, erklärte auch einer der Anwälte der Fluggesellschaft.

Die französische Gewerkschaft der Linienflugpiloten begrüßte die Entscheidung dagegen. Bisher habe die Justiz einseitig „die Piloten beschuldigt und den Flugzeugbauer und die Luftfahrgesellschaft von ihrer Verantwortung entbunden“, sagte ein Sprecher.

Im August 2019 hatten Pariser Ermittlungsrichter das Verfahren zunächst eingestellt. Es hätten sich keine belastbaren Hinweise auf „ein Fehlverhalten von Airbus oder Air France im Zusammenhang mit den Pilotenfehlern ergeben“, die zu dem Absturz geführt hätten, hieß es damals.

Vorausgegangen war ein jahrelanges Tauziehen mit zahlreichen Expertisen zur Absturzursache. Die französische Luftfahrtermittlungsbehörde (BEA) hatte im Juli 2012 festgestellt, dass eine unglückliche Verkettung von menschlichen und technischen Fehlern zu dem Unglück geführt habe. Die BEA empfahl unter anderem eine bessere Ausbildung für Piloten, die auf solche Extremsituationen vorbereitet werden müssten.

Die Hinterbliebenen kritisierten, dass sich die Ermittlungen zu stark auf Pilotenfehler konzentrierten und nicht ausreichend auf technische Mängel. So habe es bereits frühere Pannen mit der Geschwindigkeitsmessung in den Maschinen des Airbus A330 und A340 gegeben.

Die Suche nach der Blackbox von AF447 dauerte nach dem Absturz 2009 fast zwei Jahre. Bei der Auswertung des Flugschreibers stellten die Ermittler fest, dass der Airbus zunächst in der Luft hin und her geschwankt und dann wie ein Stein ins Meer gestürzt war. Fast alle Leichen konnten vom Meeresgrund geborgen und identifiziert werden.

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