Seit Ende 2013 ist Christian Lindner FDP-Vorsitzender – am Freitagnachmittag bestätigten ihn die Delegierten des digitalen Bundesparteitags mit 93 Prozent im Amt und bestimmten ihn zudem zum Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl. In seiner Rede betonte Lindner den Willen, nach der Wahl mitzuregieren, und grenzte sich zugleich deutlich ab von den potenziellen Koalitionspartnern Union, SPD und Grünen.
Biografie
Der 1979 in Wuppertal geborene Lindner, der bei seiner Mutter aufwuchs, ist ein politischer Überflieger mit Gespür für das richtige Timing. Schon mit 16 wurde er FDP-Mitglied, gründete eine Sektion der Jungen Liberalen mit. Als Lindner von 2000 an in Bonn Politik, Öffentliches Recht und Philosophie studierte, saß er bereits parallel als Abgeordneter im NRW-Landtag.
Auch wenn ein von ihm nebenbei gegründetes Internet-Startup 2001 an die Wand fuhr – politisch ging es für Lindner rasant nach oben: 2004 wurde er Generalsekretär der NRW-FDP, im Herbst 2009 zog er in den Bundestag ein und wurde Generalsekretär der Bundespartei.
2011 gab er dieses Amt auf und konzentrierte sich auf NRW: Als dortiger Landesparteichef führte er die Liberalen bei der Landtagswahl 2012 auf gute 8,6 Prozent.
Nachdem die FDP 2013 erstmals in ihrer Geschichte aus dem Bundestag geflogen war, griff Lindner nach dem Chefposten der Bundespartei. Er wurde Ende 2013 mit 34 der bislang jüngste FDP-Vorsitzende und richtete die Partei wieder auf – 2017 holte sie 10,7 Prozent. Seither ist der Parteichef auch Fraktionsvorsitzender – und er hatte damals bereits die Chance zu regieren. Die Jamaika-Verhandlungen ließ er jedoch schließlich platzen.
Lindner ist mit der Journalistin Franca Lehfeldt liiert und hat keine Kinder. Zu seinen Hobbys schreibt er auf seiner Homepage: „Ich treibe Sport, liebe Grillen und fachsimple gern über alte Autos.“
Stärken
Lindner ist ein Arbeitstier, immer konzentriert und gut vorbereitet. Der 42-Jährige spricht druckreif und kann mit rhetorischer Brillanz sein Publikum mitreißen. Offensive Kritiker in der Partei hat er nicht, es gelang ihm, die Reihen weitgehend zu schließen.
Schwächen
Neben Lindner ist in der Parteispitze wenig Platz für andere profilierte Köpfe. Immer wieder kommt es zu prominenten Abgängen, zuletzt musste im vergangenen Jahr Generalsekretärin Linda Teuteberg nach nur anderthalb Jahren im Amt ihren Platz für Volker Wissing räumen. Ein zotiger Witz Lindners über die Brandenburgerin führte zu so heftiger Kritik, dass er sich öffentlich entschuldigen musste.
Der Vorfall wurde vielfach als symptomatisch für das Frauenproblem der FDP angesehen – sowohl in der Partei selbst als auch in der Wählerschaft sind Männer klar in der Überzahl. Weiterhin haftet den Liberalen zudem das Image der Steuersenkungs- und Unternehmerpartei an, die bei sozialpolitischen Themen wenig zu bieten hat. Der Parteichef selbst strahlt wenig Empathie und Warmherzigkeit aus.
Politische Ziele
Nach der Bundestagswahl im September möchte Lindner unbedingt regieren. In seiner Parteitagsrede formuliert er es so: „Ich war niemals motivierter als jetzt, die FDP zurückzuführen in die Gestaltungsverantwortung für unser Land.“ Die Partei solle bei der Wahl so stark werden, „dass sowohl schwarz-grüne als auch grün-rot-rote Mehrheiten ausgeschlossen sind“. Dabei setzen die Partei und ihr Chef konsequent auf weniger staatlichen Einfluss und mehr Eigenverantwortung.
Zukunftsaussichten
Grundsätzlich sitzt Lindner als Parteichef fest im Sattel. Sollte die FDP nach der Wahl an einer Koalition beteiligt sein, ist ihm ein Ministerposten sicher. Wenn es aber mit der angestrebten Regierungsbeteiligung nichts wird, könnte es für Lindner eng werden.