Bundesverfassungsgericht weist EZB-Kritiker ab

Euro/EZB - Bild: shivevasil via Twenty20
Euro/EZB - Bild: shivevasil via Twenty20

Im Dauerstreit um die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) hat das Bundesverfassungsgericht die Kritiker abgewiesen. Ihre Anträge, die Bundesregierung zur Abkehr von der EZB zu zwingen, sind unzulässig und auch unbegründet, entschieden die Karlsruher Richter in einem am Dienstag veröffentlichten Beschluss. Die geforderte „Vollstreckungsanordnung“ gegen Bundesregierung und Bundestag sei ohne erneute verfassungsrechtliche Prüfung „unstatthaft“. (Az: 2 BvR 1651/15 und 2 BvR 2006/15)

Hintergrund ist die EZB-Politik der „mengenmäßigen Lockerung“. In der Kritik steht dabei insbesondere das Programm PSPP zum Ankauf von Staatsanleihen oder anderer öffentlicher Papiere. Diese hatten bereits bis Ende 2018 einen Umfang von über 2,6 Billionen Euro erreicht.

Zu den Kritikern gehören der frühere Bundestagsabgeordnete und CSU-Vize Peter Gauweiler, der später ausgetretene Mitbegründer der AfD Bernd Lucke sowie der Berliner Wirtschaftsprofessor Markus Kerber. Sie rügen vor allem, das PSPP führe zu einer rechtswidrigen Haushaltsfinanzierung der hochverschuldeten Euro-Länder.

Verfassungsbeschwerden der Kritiker hatte das Bundesverfassungsgericht dem Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg vorgelegt. Dieser hatte 2018 die Geldpolitik der EZB gebilligt. Mit einem aufsehenerregenden Urteil hatte das Bundesverfassungsgericht am 5. Mai 2020 den Luxemburger Richtern erstmals die Gefolgschaft verweigert und Zweifel an der Verhältnismäßigkeit der EZB-Geldpolitik geäußert. Danach sollte die EZB zumindest den Umfang der Geldspritzen näher begründen.

In der Folge hatte der EZB-Rat weitere Beschlüsse gefasst. Zudem hatte die EZB weitere Dokumente zur Verfügung gestellt, anhand derer Bundesregierung und Bundestag die Verhältnismäßigkeit der EZB-Anleihekäufe prüfen konnten.

Die Kritiker hielten dies für unzureichend und hatten beim Bundesverfassungsgericht eine sogenannte Vollstreckungsanordnung beantragt. Danach sollte die Deutsche Bundesbank die Geldpolitik der EZB nicht mehr mittragen und die Bundesregierung sich für Änderungen einsetzen. Zudem wollten Kritiker Einsicht in die von der EZB neu vorgelegten internen Dokumente erhalten.

Nach dem neuen Karlsruher Beschluss gingen ihre Anträge jedoch zu weit und seien insoweit unzulässig. Auch inhaltlich seien sie aber unbegründet.

Zur Begründung erklärte das Bundesverfassungsgericht, es gehe hier um Maßnahmen, die erst nach dem Urteil vom 5. Mai 2020 ergangen sind. Diese seien in dem Urteil noch nicht berücksichtigt und vom Bundesverfassungsgericht noch nicht geprüft worden. Die Anträge liefen darauf hinaus, die getroffenen Maßnahmen ohne nähere Prüfung für unzureichend und daher verfassungswidrig zu erklären. Eine solche Vollstreckungsanordnung sei „unstatthaft“. Gleiches gelte für den Antrag auf Einsicht in die vertraulichen Dokumente.

Weiter betonten die Karlsruher Richter, dass es Sache von Bundesregierung und Bundestag sei, wie sie auf die Kritik im Urteil vom 5. Mai 2020 reagieren und gerügte Verfassungsverstöße beheben.

Bereits Anfang Juni 2020 habe der EZB-Rat das PSPP-Programm intensiv diskutiert und im Ergebnis als positiv bewertet. Zudem hätten Bundesregierung und Bundestag die neu vorgelegten Dokumente geprüft und festgestellt, dass die EZB sehr wohl die Verhältnismäßigkeit des Programms abgewogen habe. Ziel sei es, eine Inflationsrate nahe zwei Prozent zu erreichen.

„Es ist nicht ersichtlich, dass sie dabei ihren Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum überschritten haben“, erklärten die Karlsruher Richter. Erst recht sei nicht feststellbar, dass die von Bundesregierung und Bundestag getroffenen Maßnahmen „offensichtlich ungeeignet oder völlig unzureichend wären“, um die sich aus dem Urteil vom 5. Mai 2020 ergebenden Pflichten zu erfüllen.

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