Oppositionspolitiker haben der Bundesregierung eine Mitverantwortung für die mutmaßlichen Betrügereien in Corona-Schnelltestzentren zugewiesen und eine Verschärfung der Regeln gefordert. Linken-Chefin Susanne Hennig-Wellsow kritisierte am Sonntag die Einführung des Schnelltest-System als „überstürzt und chaotisch“. Der Nachrichtenagentur AFP sagte sie: „Das ist in meinen Augen schlampiger Umgang mit einer wesentlichen Säule der Corona-Bekämpfung und schlampiger Umgang mit Steuergeld.“
Die Bundesregierung habe „nach dem chaotischen Start Zeit gehabt zu korrigieren – das wurde versäumt“, kritisierte Hennig-Wellsow. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) müsse nun „unverzüglich erklären, wie er gegen Betrug vorgehen will und wie die Abrechnungen künftig sicherer gemacht werden“, sagte die Linken-Chefin zu AFP. „Die Ankündigung weiterer Stichproben-Kontrollen genügt da bei weitem nicht.“
Auch FDP-Fraktionsvize Christian Dürr bescheinigte der Bundesregierung Versäumnisse, wodurch Betrügereien erleichtert würden. „Union und SPD hatten monatelang Zeit, die Schnelltest-Kampagne vernünftig vorzubereiten und ein sicheres System zu schaffen“, sagte Dürr zu AFP. „Ich nehme da auch Bundesfinanzminister Scholz in die Pflicht, denn wir reden hier von großen Mengen an Steuergeldern.“
Die Bundesregierung müsse „den Betrug zügig aufklären und verhindern, dass es zu weiteren Unregelmäßigkeiten kommt“, sagte der FDP-Politiker. „Denn solange es beim Impfstoff hapert, sind wir auf die vielen Schnelltestzentren angewiesen.“
Nach Berichten über groß angelegten Abrechnungsbetrug in Corona-Testzentren hatte Spahn am Vortag schärfere Kontrollen angekündigt. „Wo es nötig ist, schärfen wir nach“, schrieb er auf Twitter. Es werde nun „stichprobenartig mehr Kontrollen geben“.
Wegen der möglichen Betrugsfälle ermitteln inzwischen unter anderem die Schwerpunktstaatsanwaltschaft Wirtschaftskriminalität in Bochum und die Staatsanwaltschaft Lübeck. Es besteht der Verdacht, dass Testzentren dem Staat sehr viel mehr Schnelltests in Rechnung stellen als sie tatsächlich vornehmen. Abrechnen können die Teststellen pro Bürgertest 18 Euro.