An deutschen Grundschulen soll ab 2026 schrittweise für alle Kinder ein Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung eingeführt werden. Der Bundestag billigte am Freitag die Neuregelung, mit der die Möglichkeit einer täglich achtstündigen Betreuung geschaffen wird. Das Gesetz muss aber noch den Bundesrat passieren – und aus den Ländern kommen Forderungen, dass der Bund seine finanzielle Unterstützung trotz bereits zugesagter Hilfe in Milliardenhöhe aufstocken soll.
Für das Gesetz stimmten im Bundestag die Fraktionen von Union, SPD und Grüne. FDP, Linkspartei und AfD enthielten sich. Der Rechtsanspruch soll ab dem Schuljahr 2026/2027 zunächst für Erstklässler gelten. In den darauf folgenden Jahren sollen die weiteren Klassenstufen folgen. Damit hat ab August 2029 jedes Grundschulkind der Klassenstufen eins bis vier einen Anspruch auf ganztägige Betreuung.
Der Rechtsanspruch soll grundsätzlich auch in den Ferien gelten. Hier können die Länder aber eine Schließzeit von bis zu vier Wochen festlegen. Erfüllt werden kann der Rechtsanspruch sowohl in Horten als auch in Ganztagsschulen.
Der Bund will den erforderlichen Ausbau mit Finanzhilfen in Höhe von bis zu 3,5 Milliarden Euro für Investitionen in die Infrastruktur unterstützen. Darüber hinaus will er sich an laufenden Betriebskosten beteiligen.
Doch ob das Gesetz trotz dieser Zusagen den Bundesrat passiert, ist unklar. Aus den Ländern kommen Forderungen nach weitergehender Unterstützung. „Der Bund muss seinen Anteil an der Finanzierung wesentlich erhöhen“, zitierte der „Spiegel“ Niedersachsens Ministerpräsidenten Stephan Weil (SPD). Das Vorhaben sei „finanzpolitisch anspruchsvoll“. Ein Sprecher von Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) sagte demnach, grundsätzlich sei man für die Regelung, aber man verlange mit Blick auf dauerhafte eigene Belastungen mehr Geld vom Bund.
Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) und Familienministerin Christine Lambrecht (SPD) lobten dagegen das beschlossene Gesetz und appellierten an die Länder, diesem zuzustimmen. Karliczek nannte das Vorhaben ein „wichtiges Signal an die Kinder und Familien in unserem Land, die gerade in den letzten Monaten großen Belastungen ausgesetzt waren“.
Sie appellierte an die Länder, dem Gesetzentwurf Ende Juni im Bundesrat zuzustimmen. „Alles andere wäre den Familien in unserem Land – gerade nach den Belastungen der letzten Monate – nicht zu vermitteln“, erklärte Karliczek.
Bundesfamilienministerin Lambrecht sprach ebenfalls von einem „großen Erfolg und einem starken Signal an alle Familien in Deutschland“. An die Adresse der Länder erklärte sie, es bestehe jetzt die Chance, „in ganz Deutschland Chancengleichheit und partnerschaftliche Vereinbarkeit wirklich voranzubringen“. Bund, Länder und Kommunen könnten „gemeinsam richtig was bewegen“.
Der Deutsche Städtetag forderte die Länder auf, die Finanzierung sicherzustellen. „Wir erwarten von den Ländern ein klares Bekenntnis, die Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder maßgeblich mit zu finanzieren“, erklärte Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) als amtierender Städtetagspräsident. Es bleibe eine „milliardenschwere Finanzierungslücke“. Diese Last dürfe nicht an den Kommunen hängen bleiben.