Die Parlamentswahlen in Georgien am Wochenende waren laut internationalen Wahlbeobachtern von erheblichen Unregelmäßigkeiten geprägt. Besonders anfällig für Wahlmanipulationen sind Autokratien, die inzwischen vielerorts Wahlen durchführen, aber auch in Demokratien steht es – wie Trumps Wahlkampf in den USA zeigt – nicht immer zum Besten.
Kurz gesagt: Weltweit ist die Manipulation von Wahlen keine Seltenheit. Doch welche Punkte sind besonders anfällig für Manipulationen vor, während und nach Wahlen? Eine Einschätzung dazu gibt der Wahlrechts- und Menschenrechtsexperte Prof. Dr. Michael Krennerich von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU).
Ausschluss von erfolgversprechenden Kandidaten
Ein beliebtes Mittel, um ein genehmes Wahlergebnis zu garantieren ist es, erfolgversprechende Oppositionskandidaten erst gar nicht zur Wahl zuzulassen. Bekannte Beispiele für solche Ausschlüsse sind Putins damaliger Widersacher Alexej Nawalny (2018), der Oppositionskandidat Sjarhej Zichanouski in Belarus (2020), dessen Frau dann antrat, oder auch die Preisträgerin des diesjährigen Sacharow-Preises des Europäischen Parlaments, María Corina Machado, in Venezuela (2024).
Aber auch in vielen anderen Autokratien werden Kandidaten der Opposition aus fadenscheinigen Gründen oder aufgrund falscher Beschuldigungen vom Wahlwettbewerb ausgegrenzt. In Georgien war dies jedoch nicht das Problem.
Der Wahlkampf als „unebenes Spielfeld“
Ein demokratischer Wahlkampf benötigt, wie die Briten sagen, ein „level playing field“: So wird beim Rugby vermieden, dass eine Mannschaft bergauf und das andere Team bergab spielt. Es geht also um faire Bedingungen im Wettbewerb. Dazu gehören unter anderem die staatliche Neutralität im Wahlkampf, die ungestörte Wahrnehmung politischer Rechte, ein politisches Klima möglichst frei von Desinformation, Hatespeech und Gewalt sowie Medienfreiheit und eine ausgeglichene Berichterstattung – alles Bedingungen, die in Wahlautokratien, aber auch in manchen Demokratien nicht oder nur bedingt gegeben sind.
Gerade Diffamierungs- und Desinformationskampagnen haben weltweit enorm an Bedeutung gewonnen. Donald Trumps Wahlkampf und dessen Unterstützung durch Elon Musk sind diesbezüglich ein Tiefpunkt der demokratischen Kultur in den USA.
In Georgien fand der polarisierte Wahlkampf in einer politisch sehr angespannten Lage statt, in der es auch zu Druck und Einschüchterungen gegenüber Wahlberechtigten kam. Außerdem waren die finanziellen Ressourcen der Parteien sehr ungleich verteilt.
Der Wahlgang und seine Tücken
Wahlgeschenke und Stimmenkauf vor und am Wahltag sind ein bewährtes Mittel, um Wahlentscheidungen zu beeinflussen und fanden offenbar auch in Georgien statt. Dort soll es am Wahltag auch zur unrechtmäßigen Mehrfachwahl durch ein- und dieselben Personen sowie zum Auffüllen von Wahlurnen mit ausgefüllten Stimmzetteln gekommen sein.
Betrugsmöglichkeiten bieten sich weiterhin bei der Auszählung der Stimmen und dessen Dokumentation. Werden dann noch mitunter (lokale) Wahlbeobachter beschimpft, eingeschüchtert und grundlos aus dem Wahllokal verwiesen, wie dies in Georgien mitunter geschehen ist, sind Zweifel an der Sauberkeit der Wahlen berechtigt.
Welches Ausmaß die Unregelmäßigkeiten bei den dortigen Wahlen angenommen haben, lässt sich durch eine teilweise Neuauszählung nur bedingt überprüfen, zumal Einschränkungen der Freiheit und Fairness der Wahlen bereits vor dem Wahltag erfolgten.
Wahlen weltweit unter Druck: Die Notwendigkeit für Schutz und Integrität demokratischer Prozesse
Die Parlamentswahlen in Georgien zeigen einmal mehr, dass Wahlprozesse weltweit anfällig für Manipulationen und Missbrauch sind – sei es durch den Ausschluss oppositioneller Kandidaten, unfaire Wahlkampfbedingungen oder Manipulationen am Wahltag selbst.
Auch wenn es gelegentlich Versuche gibt, Unregelmäßigkeiten durch Neuauszählungen aufzudecken, bleibt die Frage, ob solche Maßnahmen die grundlegenden Defizite einer Wahl beheben können.
Letztlich verdeutlichen diese Beispiele, dass die Integrität demokratischer Prozesse nicht nur in Autokratien, sondern auch in etablierten Demokratien kontinuierlich geschützt und gestärkt werden muss, um das Vertrauen der Wähler zu bewahren und das demokratische Prinzip zu verteidigen.
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